Schäuble will Start-up Investoren stärker zur Kasse bitten

Schäuble will Start-up Investoren stärker zur Kasse bitten

Bislang handelt es sich eigentlich nur um einen ersten „Diskussionsentwurf“ des Berliner Finanzministeriums. Doch schon jetzt sorgen die Pläne und Sondierungen des Finanzministers für eine Reform der Investmentbesteuerung für große Unruhe in der deutschen Start-up-Szene. Und das, obwohl Schäubles Reformentwurf ursprünglich die für junge Unternehmensgründer so wichtigen Risikokapitalgeber, die sogenannten „Business Angels“, steuerlich entlasten sollte. Kern des Problems aus Sicht der deutschen Gründerszene: Der Referentenentwurf aus Schäubles Ministerium sieht nun erstmals eine Steuerpflicht für Veräußerungsgewinne von frei handelbaren Anteilen an Kapitalgesellschaften vor, sogenannten Streubesitzanteilen. Bislang galt: Reinvestierten Risikokapitalgeber ihre Gewinne aus dem Verkauf ihrer Streubesitzanteile wieder, waren sie von Steuerzahlungen weitgehend ausgenommen.

Ändere sich dies nun, könnte das für die deutsche Start-up-Szene durchaus weitreichende Folgen haben, so die Vertreter der Start-up-Branche: Denn müssten Business Angels künftig also tatsächlich auf die bisher geltende Steuererleichterung verzichten, könnte ihre Bereitschaft nachhaltig sinken, überhaupt in junge Gründerunternehmen zu investieren. Denn geht es nach den Plänen Schäubles, werden Exit-Gewinne nun grundsätzlich besteuert. Und zwar auch dann, wenn sie wieder in neue Investments gesteckt werden.

Gerade auch die Frühfinanzierung von Start-ups wäre hiervon bereits betroffen, moniert die Szene in ihrer Kritik an Schäubles Referentenentwurf. Da viele Unternehmensgründungen von einer Co-Finanzierung aus staatlichen und nicht öffentlichen Risikokapitalgebern abhängen, kann ein verstärkter Rückzug privater Business Angels junge Unternehmen bereits in ihrer Gründungsphase lähmen, heißt es. Häufig ist die Finanzierungshöhe durch die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau oder andere Förderbanken sogar direkt an die Höhe der Beteiligungsinvestitionen aus privater Hand gekoppelt. Und: fehlen die privaten Business Angels, fehlt es in der Folge eben nicht nur an Kapital, sondern vielfach auch an Know-how und dem Zugang zu Netzwerken, zu Kontakten. Zu sozialem Kapital.

Der Zugang zu frischem Risikokapital ist für Start-up-Firmen auf dem deutschen Markt ohnedies prekär. Bezogen auf die derzeit bereits bestehenden rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen für Gründer trägt Deutschland hier schlicht ─ die rote Laterne. Schlusslicht und letzter Platz in Europa. Die Bedingungen für Zugang zu Venture Capital ist in Deutschland deutlich ungünstiger als an den Gründerstandorten in den USA, Großbritannien oder Israel. Umso erstaunlicher dennoch, und damit zugleich Ausweis der besonderen Wachstumsdynamik deutscher Start-ups: Innovative Neugründungen in der deutschen Hauptstadt ziehen immer mehr Investitionen an. Inzwischen ist Berlin sogar im Begriff, die Start-up-Konkurrenz aus London bei der Akkumulation von Risikokapital für junge Unternehmen zu übertrumpfen. Deutschland als Europas gefesselter Start-up-Riese einer rein fiskalgetriebenen Steuerpolitik?

Kein Wunder also, dass die gut vernetzte Gründer- und Investorenszene zwischen Hamburg, Frankfurt und München, Berlin und Köln, kräftig Sturm läuft gegen die Reformpläne aus dem Bundesfinanzministerium, Schäubles „Anti-Angel-Gesetz“. Der Branchenverband Deutsche Start-up e. V. sieht bei einer Umsetzung der Reformpläne nichts weniger als Deutschlands „Mittelstand von morgen“ akut gefährdet. Zumal bei dem geplanten Referentenentwurf nun auch das überaus komplexe Beihilferecht der EU einbezogen würde. Internationale Investoren sähen sich in Zukunft noch weiteren bürokratischen Belastungen ausgesetzt, wie es beim Start-up-Verband in Berlin heißt. Doch auch in der Politik, selbst in Schäubles eigener Partei, der CDU, regt sich Widerstand. Zumal der in die Diskussion geratene Entwurf des Finanzministeriums geradewegs dem Koalitionsvertrag widerspricht. Denn der zielt eigentlich ja auf eine nachhaltige Stärkung der hiesigen Gründerszene. Mehrere Bundestagsabgeordnete wollen Schäubles Pläne nun energisch bekämpfen. Gar von einer Blockade des geplanten Gesetzes im Bundestag ist die Rede. Mit der Vorlage seines nun selbst gehörig in die Diskussion geratenen „Diskussionsentwurfes“ folgt das Bundesfinanzministerium bereits Ende 2014 angemahnten Forderungen der Länder, die bisherige Steuerfreiheit ebenso zu streichen, wie dies bereits bei Gewinnen aus Dividenden der Fall ist.

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