Die Europa-GmbH ist im Kommen

Die Europa-GmbH ist im KommenDie Europa-GmbH erfreut sich zunehmender Beliebtheit, allerdings in einer abgewandelten Form, sozusagen in Form der Europa-GmbH 2. Versuch. Für Großunternehmen existiert bereits seit längerer Zeit die Europa-KG, nun ist also die Europa-GmbH gefolgt und tritt in große Fußstapfen. Anfang März 2009 hat das Europaparlament dem Vorschlag der Kommission für die Europa-GmbH, auch als EPG und Europäische Gesellschaft sowie als SPS und Societas Privata Europaea bezeichnet, zugestimmt. Damit haben EU-Kommission und EU-Parlament den Bedürfnissen des europäischen Mittelstandes Rechnung getragen. Europäische Unternehmer sind in der Lage, auf flexible und einfache Vorschriften im Gesellschaftsrecht und Gründungsmöglichkeiten zurückzugreifen. Die Europa-GmbH wird ohne Stammkapital gegründet. Dieser Schritt ist jedoch nur möglich, wenn das Leitungsorgan des Unternehmens eine Solvenzbescheinigung vorlegt. Mit dieser Bescheinigung weist der Unternehmer nach, dass seine Eigen- und Fremdkapitalsituation so gut aufgestellt ist, dass er Verbindlichkeiten jederzeit begleichen kann und auch sonst liquide ist. Andernfalls ist bei Unternehmensgründung ein Stammkapital in Höhe von 8.000 Euro einzuzahlen.

Nicht alles ist alternativlos

Die Europa-GmbH ist in erster Linie als Alternative zu den nationalen Unternehmensformen der englischen Limited und der deutschen GmbH gedacht. Mit der EPG ist Europas Mittelstand in der Lage, effizient und flexibel neue Unternehmen und Tochtergesellschaften mit einheitlichen europäischen Rechtsnormen und Rechtsvorschriften zu gründen. Voraussetzung für die Erteilung einer Gründungsgenehmigung ist ein grenzüberschreitender Bezug zur Europäischen Union. Ein Hinweis im Gesellschaftsgegenstand und die Trennung vom Firmensitz der Neugründung in dem jeweiligen Mitgliedsstaat (Tätigkeitssitz) und Hauptsitz des Unternehmens im Herkunftsmitgliedstaat (Satzungssitz) sind ausreichend. Hinsichtlich der Mitbestimmung der Arbeitnehmer gilt das Recht, in dem die Europa-GmbH ihren Hauptsitz hat. Sieht dieser Mitbestimmungsrechte für die Mitarbeiter vor, hat die Belegschaft des Unternehmens das Recht, Mitglieder in die Aufsichts- und Verwaltungsorgane zu wählen, ihre Bestellung vorzuschlagen oder abzulehnen. Die EPG darf jedoch nicht zur Umgehung von Mitbestimmungsrechten der Mitarbeiter gegründet werden. Ein verbotener Missbrauch liegt dann vor, wenn der Unternehmer eine Europa-GmbH in einem Staat, der keine Mitbestimmungsrechte vorsieht, alleine deswegen gründet, um diese Rechte zu umgehen. Einsparpotential sehen die betroffenen Unternehmer insbesondere im Abbau der Bürokratie, in der Rechtsberatung durch gemeine Rechtsvorschriften und im Bereich der laufenden Verwaltungskosten. Viele Unternehmer denken bereits bei einem Einsparpotential in Höhe von zehn Prozent über diese Gründungsform nach. Im Gegensatz dazu messen viele der Firmeninhaber dem einmaligen Einsparpotential im Bereich der geringen Eigenkapitalquote nur wenig Bedeutung zu. Insgesamt können sich sechzig Prozent der Konzerne und Mittelstandsunternehmen in Deutschland diese Unternehmensform vorstellen, im europäischen Ausland liegt die Quote bei 66 Prozent. Die europäische Wirtschaft verzeichnet ein zunehmendes Interesse an dieser einheitlichen Rechtsform.

Die Europa-GmbH 2.0

Allerdings geht auch dieses Vorhaben nicht ohne Streit innerhalb der Mitgliedstaaten vor sich. Der Vorschlag der EU-Kommission in seiner ursprünglichen Form wurde im Jahr 2013 nach umfangreichen und ergebnislosen Debatten gekippt. Industrieverbände und Wissenschaft hatten sich eine schnelle Einigung gewünscht. Die Ansprüche von Politik und Wirklichkeit klaffen jedoch wiederholt auseinander. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel für mehr Europa wirbt, war es Deutschland, das im EU-Parlament die Verwirklichung dieses Projektes massiv blockierte. Zuerst dachte man noch daran, die Europa-GmbH ohne Zustimmung Deutschlands im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit einzuführen. Dieses Verfahren erlaubt es einer Gruppe von Mitgliedsstaaten, gemeinsame Vorschriften und Regeln einzuführen, ohne widersprechende Länder mit einzubeziehen. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hatte sich massiv gegen die Gründung dieser neuen Unternehmensform gerichtet, weil er befürchtete, die Mitbestimmungsrechte der Mitarbeiter würden massiv beeinträchtigt. Nachdem das Vorhaben 2011 zeitweise auf Eis gelegt wurde, dann erneu besprochen und wiederholt blockiert wurde, versucht die Europäische Kommission einen erneuten Vorstoß, sozusagen in Form der Europa-GmbH 2.0.

Man versucht nun etwas Ähnliches und doch irgendwie etwas anderes

Nur eins steht fest: die Europa-GmbH ist im Kommen und auf Dauer wird sich die Europäische Union diesem neuen Trend nicht verweigern können, will sie keine Wettbewerbsnachteile riskieren. Die Societas Unius Personae (SUP) richtet sich an Gesellschaften mit nur einem Gesellschafter, daher ist eine Aufteilung in mehrere Geschäftsanteile nicht möglich. Einerseits sind durch die Beschränkung auf nur einen Gesellschafter viele Gefahren gebannt, auf der anderen Seite gibt es einige Umgehungmöglichkeiten durch geschickte Verknüpfung mehrerer Gesellschaftsformen, durch effiziente Konzernstrukturen oder Kautelarpraxis (Beseitigung von Rechtsproblemen im Vorfeld). Die Frage der Mitbestimmung durch die Mitarbeiter bleibt ungeklärt. Der Unternehmenssitz „SUP“ wird einheitlich für alle Mitgliedstaaten vorgegeben, die Gründung soll Online innerhalb von drei Tagen möglich sein. Voraussetzung für die Nutzung dieses digitalen Verfahrens ist eine Bareinlage auf ein Konto eines EU-Kreditinstituts. Die von vorneherein begrenzte Gesellschafterzahl stellt ein großes Problem dar, da viele deutsche Unternehmen als GmbH auf das Modell mehrerer Gesellschafter setzen. Erben von Unternehmensanteilen sind nicht berechtigt, als individuelle Anteilseigner aufzutreten, sondern ausschließlich als Erbengemeinschaft. Allerdings stellen sich angesichts dieser limitierten Gesellschafterkonstellation keine Probleme einer Koordinierung der Willenserklärung bei Beschlussmängelklagen. Eines Minderheitenschutzes bedarf es nicht.

Um der Verwirklichung dieses Ziels näherzukommen, hat man sich in Brüssel gegen eine direkt wirkende Verordnung und für eine milder wirkende Richtlinie entschieden, die bei geringeren Mehrheitserfordernissen durch die einzelnen Mitgliedsstaaten umsetzen ist. Dennoch regelt diese Richtlinie vorläufig nur einige Eckpunkte, lückenschließend soll das nationale Recht der jeweiligen Mitgliedsstaaten zum Einsatz kommen, das für nicht öffentlich handelbare Kapitalgesellschaften wie der GmbH in Deutschland anzuwenden ist. In der Gesamtbetrachtung ist die SUP ein durchaus spannender Ansatz, sie kann sich jedoch auch als „Poison Pill“ erweisen, die die nationalen Gesetzgeber zu schlucken haben, wenn an die SUP niedrigere gesetzliche Anforderungen gestellt werden wie an die Unternehmensformen nach dem jeweiligen nationalen Recht. Mit dieser Vorteilsstellung ist die SUP in der Lage, die in den einzelnen Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmen, die entsprechend der höheren nationalen Rechtsanforderungen agieren, zu verdrängen. Demzufolge gibt es nur zwei Möglichkeiten: anpassen oder die jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften herunterfahren. Ob der zweite Versuch der Einführung einer Europa-GmbH klappt, bleibt abzuwarten. Es bleibt auf jeden Fall spannend.

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