Die verschiedenen Arten des Factorings

Die-verschiedenen-Arten-des-FactoringsEine allgemeine Einführung

Factoring gehört zur Gruppe der Wirtschaftsanglizismen und beschreibt als Oberbegriff die Übertragung von Forderungen. Ein Unternehmen überträgt in seiner Rolle als Lieferant, Gläubiger und Kreditor die ihm zustehenden Forderungen gegen seinen Schuldner (Debitor) an ein Kreditinstitut oder ein auf Factoring spezialisiertes Dienstleistungsunternehmen. Der Gläubiger lagert seine Forderungen demzufolge an eine dritte Partei aus, die die Eintreibung der ausstehenden Schulden beim Debitor realisiert. Dieser Vorgang beschreibt die gewerbliche und revolvierende Übertragung von Forderungen. Es gibt verschiedene Arten des Factorings, auf die wir in unseren nächsten Beiträgen näher eingehen werden. Die wichtigsten Formen der Forderungsübertragung sind das echte und das unechte Factoring.

Echtes Factoring

Beim echten Factoring trägt der Dienstleister (Factor) ab dem Zeitpunkt der Forderungsübertragung das Risiko des Forderungsausfalls, das er sich entsprechend bezahlen lässt. Die Forderung wird also verkauft (§ 433 BGB ff.). Kreditnehmer ist und bleibt der Schuldner der übertragenen Forderung.

Unechtes Factoring

Entscheidet sich der Kreditor (Unternehmen) für das unechte Factoring, verbleibt das Delkredererisiko bei ihm in seiner Eigenschaft als Lieferant. Der Lieferant ist Kreditnehmer des Factors, da dieser ihm lediglich eine Vorfinanzierung durch Zahlung des Kaufpreises seiner abgetretenen Forderung gewährt. Es liegt ein Darlehnsverhältnis (§ 488 ff. BGB) vor. Der Factor übernimmt in diesem Fall nicht das Risiko der Uneinbringlichkeit der Forderungen und kann die Vorfinanzierung zurückfordern. Beiden Forderungsarten ist gemein, dass der Gläubiger und Lieferant für den Rechtsbestand der Forderungen garantiert und durch das Veritätsrisiko haftbar gemacht werden kann. Die Veritätshaftung ergibt sich aus § 311 BGB. Die tritt immer dann ein, wenn eine verkaufte Forderung nicht besteht, einer dritten Partei zusteht oder nicht abtretbar aufgrund von Eigentumsvorbehalt oder sonstigen rechtlichen Hindernissen ist. Das Factoring ist ein Gattungskauf. Somit ist es möglich, eine mängelbehaftete Forderung durch eine mangelfreie zu ersetzen.

Betriebsmittelfinanzierung in Form von Bilanzverkürzung

Factoring ist nicht nur eine Finanzdienstleistung auf der Seite des Factors, sondern auch ein umsatzkongruentes Finanzinstrument zur Betriebsmittelfinanzierung insbesondere für mittelständische Unternehmen. Durch die Forderungsauslagerung in Form des echten Factorings verkürzt das Unternehmen seine Bilanz um die Positionen Verbindlichkeiten und Forderungen und verbessert damit seine Eigenkapitalquote und Liquiditätssituation ohne Veränderung der eigentlichen Eigenkapitalsituation. Ein Grund zur Forderungsabtretung besteht darin, den administrativen Aufwand im Unternehmen auszulagern, um das Debitorenmanagement für andere wichtige Aufgaben freizuhalten. Der Gläubiger muss sich nicht mehr um die Eintreibung seiner Forderungen gegenüber seinem Schuldner kümmern, da der Factor als Dienstleistungsunternehmen diese manchmal durchaus unbequeme Aufgabe übernimmt. Mit Verkauf der Forderungen vor Fälligkeit an das Dienstleistungsunternehmen wird der Debitor auch Anschlusskunde, Anschlussfirma, Klient oder Anwender genannt. Wie viele andere Trends, hat auch das Factoring seinen Ursprung in den USA, wo diese Art der Forderungsabtretung schon seit vielen Jahrzehnten praktiziert wird.

Die Grundsatzrechtsprechung des Bundesgerichtshofes

In Deutschland ist Factoring erst seit dem Jahr 1978 nach einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes zulässig. Dieser hatte über zwei wesentliche Rechtsfragen zu entscheiden. Der BGH hatte über die Punkte Sittenwidrigkeit, Eigentumsvorbehalt und einen möglichen Betrug nach § 263 StGB zu entscheiden. Beim echten Factoring verneinte der BGH eine Sittenwidrigkeit, da auf kaufrechtlicher Grundlage keine neuen Schulden gesichert, sondern lediglich ein Vermögensaustausch (Forderungen gegen Bargeld) durch die vollzogene Abtretung vorgenommen werde. Auch hinsichtlich des verlängerten Eigentumsvorbehaltes konnten die Richter kein Problem erkennen, da das diesbezügliche Abtretungsverbot dahingehend auszulegen sei, dass zu dem gewährten Warenkredit zusätzlich eine Sicherungszession für einen Geldkredit in Anspruch genommen werde.

Das unechte Factoring stuften die Richter dagegen als sittenwidrig ein, da der verlängerte Eigentumsvorbehalt durch die Forderungsübertragung ins Leere gehe und damit ein Vertragsbruch vorliege. Dies ist immer dann der Fall, wenn ein Unternehmen seine Forderungen an seine Kunden in Form des unechten Factorings an ein Dienstleistungsunternehmen überträgt, ohne seinen eigenen Lieferanten über die Abtretung zu informieren. Dieser ist nicht mehr Inhaber seiner eigenen Forderung, da sowohl die Hauptforderung als auch der mit der damit verbundene Eigentumsvorbehalt an den Factor übergehen. Diese Kollision wird durch die Rechtsprechung als nicht hinnehmbar eingestuft. Daher muss sie durch andere rechtssichere Factoringarten ersetzt werden, die diese Konstellation ausschalten. Auch auf diese werden wir in unseren nächsten Beiträgen eingehen.

Regelung durch das BGB

Sowohl international als auch zivilrechtlich ist das Factoring nicht ausdrücklich geregelt. Es handelt sich um einen nicht normierten verkehrstypischen Vertrag (praeter legem) in Form eines Rechtskaufs nach § 453 BGB. Das Factoring wird in einem Rahmenvertrag und einzelnen, damit verbundenen Nachfolgeverträgen vereinbart. Der Rahmenvertrag wird in der Regel mit einer Globalzession verbunden, während die nachfolgenden Ausführungsverträge konkludent die Forderungsankäufe und die damit verbundenen Kausalgeschäfte der abgetretenen Forderungen beinhalten. Das Verfügungsgeschäft in Form der Abtretung wird durch §§ 398 und 401 BGB (Forderungsabtretung inklusive Nebenrechte) geregelt. Die Forderungsübertragung mit Einwendungen des Forderungsschuldners wird durch § 404 BGB und die Abtretungsanzeige durch § 409 geregelt. Bankrechtlich wird das Factoring als Kreditgeschäft nach § 19 KWG eingestuft. Für seine Dienstleistung erhält der Factor ein Entgelt, das sich aus dem Nennbetrag der Forderung abzüglich eines Sicherheitseinbehaltes und Gebühren zusammensetzt.

 

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