Eine GmbH muss Umsatzsteuer nicht jahrelang vorfinanzieren

Dr. Vanessa Palm

Dr. Vanessa Palm

Eine GmbH muss ihre Leistungen im Falle der sogenannten Sollversteuerung grundsätzlich bereits bis zum Ablauf des Voranmeldungszeitraumes abführen, § 13 Abs. 1 Nr. 1 a) UStG. Die Voranmeldungen haben zumeist monatlich zu erfolgen. Es ist daher Umsatzsteuer vor Ablauf des Voranmeldungszeitraumes für alle Leistungen zu entrichten, die in dem jeweiligen Voranmeldungszeitraum gegenüber dem jeweiligen Auftraggeber erbracht wurden. Das gilt unabhängig davon, ob der Auftraggeber die Leistungen in eben jenem Monat schon bezahlt hat oder nicht.

Dieser Grundsatz ist für eine GmbH dann problematisch, wenn die Leistungen zwar erbracht aber die Bezahlung erst Jahre später erfolgt. Wenn beispielsweise ein Bauunternehmen alle Leistungen erbracht und abgerechnet hat, kann der jeweilige Auftraggeber zumeist einen bestimmten prozentualen Anteil der Vergütung als sogenannte Gewährleistungssicherheit einbehalten. Diese Sicherheit hat der Auftraggeber erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist an den Unternehmer zu zahlen, mithin Jahre nach Fertigstellung der Leistung.

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 24.10.2013 entschieden, dass einer GmbH in solchen Fällen die Möglichkeit offensteht, den Steueranspruch zu berichtigen. Ändert sich nämlich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG die Möglichkeit, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG gilt dies sinngemäß, wenn das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich geworden ist (BFH, Urteil vom 24. Oktober 2013 – V R 31/12 –, BFHE 243, 451).

Uneinbringlich ist ein Entgelt im Sinne von § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG, wenn bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen kann (BFH-Urteil in BFHE 231, 260, BStBl II 2013, 590, unter II.4.b dd (1)). Kann der Unternehmer das Entgelt für seine bereits erbrachten Leistungen aus Gründen, die bereits bei Leistungserbringung vorliegen, für einen Zeitraum über zwei bis fünf Jahre nicht vereinnahmen, ist erst recht von Uneinbringlichkeit i.S. von § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG auszugehen. Denn eine Vorfinanzierung der Umsatzsteuer über mehrjährige Zeiträume ist im Verhältnis zur Besteuerung der Unternehmer, die der Istbesteuerung unterliegen, mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht vereinbar (BFH, Urteil vom 24. Oktober 2013 – V R 31/12 –, BFHE 243, 451).

Die GmbH kann sich deshalb die auf den Sicherheitseinbehalt entfallende Umsatzsteuer bereits in demjenigen Voranmeldungszeitraum vom Fiskus zurückholen, in dem sie die berechnete Leistung erbracht hat.

Dieser Beitrag wurde erstellt von Rechtsanwältin Dr. Vanessa Palm von der Kanzlei Busse & Miessen.

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