Eine Straftat dem Arbeitgeber nicht verschweigen

Eine-Straftat-dem-Arbeitgeber-nicht-verschweigenSie führen ein Bewerbungsgespräch, alles läuft gut, Sie einigen sich mit Ihrem Gesprächspartner und ein Arbeitsverhältnis kommt durch Unterzeichnung eines Arbeitsvertrages zustande. Was ist jedoch, wenn zum Zeitpunkt Ihrer Neueinstellung ein Verfahren gegen Sie läuft, das Ihnen eine Straftat anlastet? Sie wissen noch nicht, wie das Verfahren ausgehen wird und hoffen, dass Sie einer rechtskräftigen Verurteilung entgehen und freigesprochen werden. Sie fragen sich, wie Sie sich gegenüber Ihrem neuen Arbeitgeber richtig verhalten. Niemand gibt gerne zu, dass er Straftat begangen hat, schon gar nicht gegenüber dem neuen Arbeitgeber. Vielleicht sind Sie dazu geneigt, alles auf eine Karte zu setzen und auf einen positiven Ausgang des Verfahrens für Sie zu hoffen. In diesem Fall sind Sie nicht vorbestraft und alles wird gut. Warum also sollten Sie Ihrem neuen Arbeitgeber von dem laufenden Verfahren gegen Sie erzählen? Was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß.

Ehrlich währt am längsten oder Lügen haben kurze Beine

Richtig verhalten Sie sich, wenn Sie Ihrem neuen Arbeitgeber vor Unterzeichnung des Arbeitsvertrages gestehen, dass ein Verfahren gegen Sie läuft und Ihnen eine Straftat angelastet wird, selbst wenn Sie damit riskieren, Ihr neues Arbeitsverhältnis zu verlieren, bevor Sie es angetreten haben. Unter Umständen machen Sie sich strafbar, wenn Sie Ihrem Arbeitgeber ein gegen Sie laufendes Verfahren und/oder eine später rechtswirksam festgestellte Straftat verschweigen. Zumindest riskieren Sie regelmäßig eine fristlose Kündigung (§ 626 BGB). Das Arbeitsrecht unterscheidet bei außerhalb des Arbeitsverhältnisses begangenen Straftaten zwischen den Straftaten, die sich unmittelbar auf das Arbeitsverhältnis auswirken und den Straftaten, die mit dem Arbeitsverhältnis nicht in unmittelbarer Verbindung stehen. Der Gesetzgeber formuliert diese Anforderung folgendermaßen: „Die Straftat ist dazu geeignet, die besondere Art der im Arbeitsverhältnis geschuldeten Tätigkeit zu beeinflussen.“ Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Arten der Straftatbestände ist maßgeblich für eine später ausgesprochene fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber, erlangt er auf Umwegen über die vorliegende Situation Kenntnis.

Eine Kündigung durch den Arbeitgeber ist gerechtfertigt, wenn die außerhalb des vorliegenden Arbeitsverhältnisses begangene Straftat (§§ 15, 16 StGB) sich unmittelbar auf die aktuelle Tätigkeit des Arbeitnehmers auswirkt. Ein Kraftfahrer wird wegen einer schwerwiegenden Verkehrsstraftat, ein Bankangestellter wird wegen eines Vermögensdelikts, ein Arzt wird wegen fahrlässiger Tötung eines Patienten, eine Kassiererin wird wegen Ladendiebstahl verurteilt. Diese Beispiele veranschaulichen, wie ein Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber empfindlich gestört wird. Wie soll ein Arbeitgeber einem Bankangestellten vertrauen, der das Vermögen seiner Kunden veruntreut? Wie soll ein Arbeitgeber einen rechtskräftig verurteilten Kraftfahrer weiter beschäftigen, wenn ihm im Zuge der Verurteilung der Führerschein dauerhaft entzogen wird? Wie soll ein Arbeitgeber einer Kassiererin trauen, die den Unterschied zwischen „mein und dein“ nicht kennt? Wie sollen Arbeitgeber und Patienten einem Arzt vertrauen, der wegen fahrlässiger Tötung eines Patienten rechtskräftig verurteilt wurde? Wer schließt aus, dass die betreffenden Personen die von ihnen begangenen Straftaten während ihres neuen Arbeitsverhältnisses nicht wiederholen?

In den zuvor genannten Beispielen verlässt sich der Arbeitgeber auf den guten Leumund seiner Betriebseinrichtung, zu dem korrekt agierende Mitarbeiter maßgeblich beitragen. Es geht nicht ausschließlich um das zerstörte Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sondern auch um die Wirkung nach außen.

Steht eine rechtskräftig festgestellte Straftat nicht in direkter Verbindung mit der aktuellen Tätigkeit des Arbeitnehmers, kommt es auf den Einzelfall an. Unter Umständen ist eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber nicht gerechtfertigt. Wird eine Kassiererin wegen der fahrlässigen Tötung eines Menschen aufgrund eines Unfalls verurteilt, hat diese Straftat nichts mit ihrer Tätigkeit im Supermarkt an der Kasse zu tun. Der Leumund der Arbeitnehmerin wird in Bezug auf ihre Tätigkeit nicht negativ beeinträchtigt. Wird ein Kraftfahrer wegen Sachbeschädigung rechtskräftig verurteilt, wirkt sich die Tat nicht unmittelbar auf seine Fähigkeit aus, einen Lkw zu führen. Beabsichtigt der Arbeitgeber in diesen Fällen, den Arbeitnehmern fristlos zu kündigen, stellt der Gesetzgeber erhöhte Anforderungen an die Kündigungszulassung. Der Arbeitgeber muss beweisen, dass das Vertrauensverhältnis aufgrund der verschwiegenen Straftat dennoch nachhaltig und dauerhaft gestört ist.

Alles wird gut, oder doch nicht?

Zur Vertiefung der Rechtsmaterie sollten interessierte Leser das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hessen (05.12.2011, 7 Sa 524/11) lesen. In diesem Fall wurde ein Arzt in leitender Funktion in einem Krankenhaus eingestellt. Mit seinem Arbeitsvertrag unterschrieb er eine Erklärung, dass kein Straf- und Ermittlungsverfahren gegen ihn läuft. Er verpflichtete sich, gegen ihn eingeleitete Verfahren umgehend zu melden. Er verschwieg seinem neuen Arbeitgeber die Tatsache, dass tatsächlich ein Strafverfahren gegen ihn wegen fahrlässiger Tötung (§ 222, 229 StGB) eines Patienten anhängig war. Der Arzt hoffte, dass das Strafverfahren zu seinen Gunsten mit Freispruch enden würde und sich die Sache von selbst erledigen würde. Warum also den neuen Arbeitgeber unnötig beunruhigen? Seine Hoffnung erfüllte sich jedoch nicht, er wurde rechtskräftig wegen der ihm angelasteten Straftat verurteilt. Sein Arbeitgeber erfuhr aus den Medien von dem Vorfall und zog die arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Er erteilte dem rechtskräftig verurteilten Mitarbeiter die fristlose außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund. Das Arbeitsgericht gab dem Arbeitgeber Recht und stellte fest, der Arbeitgeber misst der Tätigkeit seiner Arbeitnehmer und seiner Institution einen guten Leumund bei. Der Arzt wäre verpflichtet gewesen, seinen Arbeitgeber von dem gegen ihn eingeleiteten Strafverfahren und seiner späteren rechtskräftigen Verurteilung zu informieren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

magnifier linkedin facebook pinterest youtube rss twitter instagram facebook-blank rss-blank linkedin-blank pinterest youtube twitter instagram