Existenzgründung: Wann sind Sie Unternehmer und wann Verbraucher?

Existenzgruendung-Wann-sind-Sie-Unternehmer-und-wann-VerbraucherAm Anfang der Existenzgründung steht die Frage im Raum, wann Sie durch das Gesetz bereits als Unternehmer angesehen werden und wann Sie noch als Verbraucher eingestuft werden. Diese Frage müssen Sie sich stellen, wenn Sie während der Phase Ihrer Existenzgründung Verträge abschließen. Ein besonderer Bereich stellt das Widerrufsrecht dar. Sie haben sich gerade selbständig gemacht und schaffen sich ein neues Auto an. Ihre Neuanschaffung finanzieren Sie über ein Darlehen Ihrer Hausbank. Ihre Geschäfte laufen gut, Sie sind nach einem Jahr in der Lage, den Kredit abzulösen, Ihre Bank lässt Sie jedoch nicht, da eine ordentliche Kündigung Ihres Kreditvertrages in den Kreditbedingungen nicht vorgesehen ist. An dieser Stelle kommt das Verbraucherkreditgesetz ins Spiel. Der Kunde muss nach diesem Gesetz über sein Widerrufsrecht belehrt werden. Diese Rechtsbelehrung ist jedoch nicht erfolgt und Sie freuen sich bereits, in einer rechtlich guten Position zu sein und wollen aufgrund dieser versäumten Rechtsbelehrung Ihrer Hausbank Ihren Kredit widerrufen. Da Sie jedoch Existenzgründer sind, beharrt Ihre Bank darauf, dass Sie Unternehmer sind, auf den das Verbraucherkreditgesetz nicht anzuwenden ist.

Wer hat Recht?

Sie haben den Kredit während der Zeit Ihrer Existenzgründung abgeschlossen. Das Gesetz stuft Sie auch während die Existenzgründung noch nicht komplett abgeschlossen ist, bereits als Unternehmer ein. Für den Autokauf kommt es darauf an, wann und unter welchen Umständen Sie es gekauft haben. Haben Sie das Auto im Zuge Ihrer Existenzgründung zur Ausübung Ihrer selbständigen oder gewerblichen Tätigkeit gekauft, so handeln Sie laut der regelmäßigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes als Unternehmer. Ihre Aussichten, den Kredit zu widerrufen, sind gering. Sie können jetzt nur noch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank nachsehen, ob Sie dort vielleicht eine Möglichkeit zur Ablösung des Kredits finden. Bedienen Sie Ihren Kredit zudem noch über Ihr Firmenkonto, ist die Ausgangsposition klar: Sie haben nicht nur das Auto als Unternehmer gekauft, sondern auch den Kreditvertrag als Unternehmer abgeschlossen. Haben Sie das Auto dagegen ausschließlich für private Zwecke angeschafft und bedienen den Kredit über ein Privatkonto, das zudem keine Einlage auf Ihr Unternehmenskonto darstellt, handeln Sie als Verbraucher. Mit dieser Argumentation gegenüber Ihrer Bank haben Sie gute Chancen auf einen Widerruf des Kredits aufgrund der versäumten Rechtsbelehrung.

Allgemeine regelmäßige Rechtsprechung

Warum ist die Widerrufsbelehrung für Verbraucher dem Gesetzgeber jedoch so wichtig? Die Verbraucher sollen vor einer unbedachten Kreditaufnahme geschützt werden und eine Chance auf Reue in Form des Widerrufsrechts gemäß § 355 BGB erhalten. Ferner gilt das Form- und Transparenzgebot (§§ 492, 502 BGB). Dieses Gebot erleichtert den Verbrauchern die vernünftige Beurteilung und Entscheidung über eine Aufnahme oder Ablehnung eines Kredites.

Als Existenzgründer fallen Sie mit Ihrer selbständigen Tätigkeit unter die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zum Verbraucherkreditgesetz (§ 507), aber nur dann, wenn Sie ein Darlehn bis zu einem Betrag in Höhe von 50.000 Euro aufnehmen, das als Zweck klar auf Ihre Geschäftsgründung ausgerichtet ist. Betreffend alle weiteren Rechtsgeschäfte von Existenzgründern, die über diesen Vertrag hinausgehen, stuft die regelmäßige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes Existenzgründer mit Aufnahme ihrer selbständigen oder gewerblichen Tätigkeit regelmäßig nicht als Verbraucher ein (Urteil vom 30.9.2009, Az. VIII ZR 7/09). Bei der Entscheidung zur Einstufung als Verbraucher oder als Existenzgründer, der regelmäßig nicht unter die Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes fällt, spielt die Frage eine Rolle, ob ein vorliegender Vertrag im Zuge der gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit abgeschlossen wurde oder ob die Vertragspartei zu diesem Zeitpunkt noch ein privater Verbraucher war. Im Zweifelsfall muss der Vertragsschließende seine Verbrauchereigenschaft beweisen, denn ihm obliegt die gesetzliche Beweislast.

Es kommt regelmäßig auf den objektiven Zweck des Rechtsgeschäftes an. Dabei ist es für die Rechtsprechung nicht von Belang, ob der Vertragsschließende zum Zeitpunkt der getroffenen Maßnahme bereits definitiv zu einer Geschäfts- und Existenzgründung entschlossen war. Entscheidend ist die Frage, ob die getroffene Maßnahme bereits Bestandteil einer Existenzgründung war oder sich noch im Vorfeld einer solchen bewegte. Davon abzugrenzen sind die auf eine Existenzgründung ausgerichteten Rechtsgeschäfte wie der Abschluss eines Franchisevertrages oder die Anmietung von Geschäftsräumen. Sie sind objektiv betrachtet eindeutig auf ein unternehmerisches Handeln ausgerichtet. Der Bundesgerichtshof hat mit seiner regelmäßigen Rechtsprechung festgestellt, dass Existenzgründer nicht mehr Verbraucher, sondern Unternehmer gemäß § 14 des Bürgerlichen Gesetzbuches sind.

Wer hat ein Anrecht auf Verbraucherschutz? Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Schuldrechtsreform das Verbraucherkreditgesetz inhaltlich unverändert in das BGB überführt. Die §§ 491 bis 507 regeln nach dieser Novellierung über das Gelddarlehensrecht alle Kreditformen, mit denen sich Kreditvermittler und Kreditgeber an Verbraucher (natürliche Personen) als Kreditnehmer wenden. Das Bürgerliche Gesetzbuch und die regelmäßige Rechtsprechung des BGH legen fest, dass „kein Anlass besteht, demjenigen Verbraucherschutz zu gewähren, der sich für eine bestimmte gewerbliche oder selbständige Tätigkeit entschieden hat und vorbereitende oder unmittelbar eröffnende Geschäfte abschließt. Denn er begibt sich damit in den unternehmerischen Geschäftsverkehr. Ein Existenzgründer agiert nicht mehr in seiner Rolle als Verbraucher. Er gibt dem Rechtsverkehr zu erkennen, dass er sich nunmehr dem Recht für Unternehmer unterwerfen und dieses seinerseits auch in Anspruch nehmen will.“ Der Grund dafür, dass sich die Rechtsprechung mit diesem Thema auseinander gesetzt hat, war, dass der Verbraucherschutz bis zum 31.12.2001 hauptsächlich im Verbraucherkreditgesetz geregelt war und seit dem 02.01.2002 aufgrund europarechtlicher Vorgaben durch den deutschen Gesetzgeber novelliert wurde. Ein weiterer Grund war die Abschaffung zahlreicher neben dem BGB bestehender Sondergesetze zum Schutz der Verbraucher. Der Zersplitterung des Zivilrechts wurde in diesem Bereich wirkungsvoll Abhilfe geschafft.

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