Lähmt das schwache Wachstum in der Eurozone den Rest der Wirtschaftswelt?

Wachstumsprognose-der-Weltbank-Laehmt-das-schwache-Wachstum-in-der-Eurozone-den-Rest-der-WirtschaftsweltDie Experten der Weltbank sind besorgt, denn ihrer Meinung nach setzt die Euro-Zone das weltweite Wachstum aufs Spiel. Europa ist neben den Vereinigten Staaten der wichtigste Akteur auf der globalen Weltkarte und dennoch soll dieses wirtschaftlich gut aufgestellte Staatengebilde ein Risiko für den Rest der Welt bedeuten? Sicherlich gibt es genügend Bereiche, in denen Experten das lamentierte Risiko der Weltbank verneinen würden.

Warum ist die Weltbank so besorgt?

Misstrauisch behalten die Experten das geringe Wirtschaftswachstum der Euro-Zone im Auge und machen sich ihre Gedanken. Das Wirtschaftswachstum Großbritanniens und der USA ist nach Schätzungen der Weltbank-Experten bereits im vergangenen Jahr wieder merklich angezogen. Ihre Prognose für die Eurozone sieht dagegen eher mau aus. Im Vergleich zum Vorjahr wird die Eurozone nur um 1,1 Prozent wachsen. Dieses bescheidene Wirtschaftswachstum ist sogar geringer als das für Japan erwartete. Die Ökonomen bescheinigen Großbritannien und der USA, sich auf einem guten Weg zu befinden. Sie gehen von einem Wirtschaftswachstum von 2,9 Prozent für Großbritannien und 3,2 Prozent für die USA aus. Der halbjährig veröffentliche Bericht zur Weltwirtschaftslage sagt: „Mehr als die Hälfte der im Jahr 2014 vorgenommenen Abwärtsrevisionen ging auf das Konto von Japan und dem Euro-Raum, und im Jahr 2015 wird es immerhin noch ein Drittel sein.“ Der Chefökonom der Weltbank sieht in der Stagnierung des Wirtschaftswachstums einiger Industrienationen „eine tieferliegende, strukturelle Malaise“. Dass die Erholung nicht in Gang komme, sei besorgniserregend. Der Bericht zur Weltwirtschaftslage legt seinen Fokus auf den stark gefallenen Ölpreis.

„Schlecht für die Ölproduzenten, aber gut für den Rest der Welt?“

Ganz so einfach ist die Situation nun doch nicht, aber gerade eine seit Jahren im Aufwärtstrend befindliche Wirtschaftsmacht wie Russland ist als Öl- und Gasproduzent stark durch den weltweiten Preisverfall betroffen. Da die russische Wirtschaft stark von diesen Ressourcen abhängig ist, prognostiziert die Weltbank Russland ein Negativwachstum von minus 2,5 Prozent für dieses Jahr. Es gibt jedoch andere globale Player, die von diesem Preisverfall profitieren: die Entwicklungsländer. Was für den einen schlecht ist, ist also doch gut für den anderen? Der Chefökonom rät den Politikern weltweit, den sich durch diesen Preisverfall bietenden Spielraum für positive Wachstumsreformen zu nutzen, um ihre defizitären Haushalte langfristig zu konsolidieren und Wachstumshindernisse auf ihrem Wirtschaftssektor einzudämmen oder sogar größtenteils auszuschalten. Diese Worte stoßen auf ein positives Echo bei den Finanzexperten der Europäischen Zentralbank (EZB), die erneut vermehrt Staatsanleihen kauft und die Weltwirtschaft mit dem sogenannten „billigen Geld“ versorgt. Die weiter schwächelnde weltweite Inflationsrate war der Hauptanlass für dieses im Fachjargon „Quantitative Easing“ (QE) genannte Wohlfühlprogramm.

Dieses Programm trifft weltweit jedoch nicht ausschließlich auf ungeteilte Zustimmung, sondern gleichfalls auf große Besorgnis, da die mit diesem Programm einhergehenden niedrigen Zinsen die Ersparnisse der Anleger verbrennen. Außerdem besteht die Gefahr von Schrottanleihen stark taumelnder Staaten wie Griechenland, die dermaßen wertlos sind, dass sie in sogenannte Bad Banks ausgelagert werden, um die Bilanzen der EZB sauber zu halten. Dennoch haben auch die Weltbankexperten ein gesteigertes Interesse daran, die Inflationsrate auf einem möglichst niedrigen Niveau zu halten. Ein schwacher Konsum, anämische Investitionen, eine niedrige Teuerungsrate und eine sich selbst verstärkende Abwärtsspirale ist laut der Ökonomen eine Folge davon, dass sich die Inflationserwartungen zu stark von der gesetzten Zielmarke in Höhe von zwei Prozent entfernen. Ist „Quantitative Easing“ nun Segen oder Fluch oder gar beides zugleich? In diesem Zusammenhang lesen wir wiederholt solche Begriffe wie „Teufelskreislauf“, „Schreckgespenst“ oder „Abwärtsspirale“. Diese unschönen Szenarien bilden die Überschrift des unbeliebten Themas „Deflation“.

„Von der Deflationsfalle direkt in die Abwärtsspirale?“

Die Befürchtung in der Eurozone geht dahin, dass weiter sinkende Preise in einer weitreichenden Abwärtsspirale enden. Die EZB kündigt gar einen „gefährlichen Teufelskreislauf“ an. Das Hauptthema der Deflation sind die sich schon seit geraumer Zeit auf Talfahrt befindlichen Energiepreise. Der zuvor bereits angesprochene Preisverfall in der Ölbranche kann gleichfalls eine dramatische Talfahrt der Preise in andren Wirtschaftssektoren bedeuten. Insbesondere der an die Entwicklung des Ölpreises gekoppelte Gaspreis ist betroffen. Die Finanzpolitik der Europäischen Zentralbank ist mit diesem Thema unzertrennlich verbunden. Diese Tatsache hat seit der Aussage von EZB-Präsident Mario Draghi „alles Erforderliche für den Euro zu tun“ umso mehr Bedeutung erlangt. Mit ihrem Programm zur „quantitativen Lockerung“ und dem massenhaften Ankauf von Staatsanleihen dreht die EZB die Zinsschraube immer weiter nach unten.

„Eine Atomwaffe für die Finanzpolitik?“

Gegner dieses Wohlfühlprogramms bezeichnen dieses als Atomwaffe der Geldpolitik und sagen, die EZB befinde sich mit dem groß angelegten Ankauf von Staatsanleihen auf dem Irrweg. Sie flute die Märkte mit billigem Geld, um auf diese Weise die steigende Inflationsrate im Zaum zu halten. Laut Ökonom Daniel Stelter bewirkten Zinsen auf Tiefstniveau nicht unbedingt eine steigende Nachfrage. Um für das Alter vorzusorgen, sei es auf der anderen Seite notwendig, immer größere Summen des verfügbaren Einkommens aufzubringen. So stehe immer weniger Geld für Konsum und private Investitionen zur Verfügung. Ferner werde eine zunehmend überalterte Gesellschaft nicht mehr, sondern eher weniger konsumieren. Als wenn das alles nicht schon genug wäre, sagen Experten aufgrund der liquiden Mittel des QU-Programms einen Kursverfall voraus. Billiges Geld führe zu erhöhten Preisen für Vermögenswerte. Dies sei eine Einladung für Spekulanten mit Zockerei und Leverage ein Vermögen zu verdienen. Dieses Geld fehle der Realwirtschaft, die aufgrund mangelnder Investitionen und erschwerter Kreditvergabe der große Verlierer sein werde.

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