Neue Abmahngefahr: EU – Online -Schlichtungsplattform

Abmahnung

Seit dem 09.01.2016 ist eine neue EU - Verordnung in Kraft getreten. Diese verpflichtet Online -Händler, die sich an Verbraucher wenden, einen Link auf die Plattform auf ihrer Homepage vor zuhalten. Absurd ist: Die Plattform existiert derzeit noch nicht. Der Link muss trotzdem her.

Hintergrund zu der Regelung

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union haben im Jahr 2013 eine Verordnung erlassen, die die Online - Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten zum Gegenstand hat. Es handelt sich um die Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.05.2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG-Nr.) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 22/EG. Sie wird kurz als ODR-Verordnung (ODR = Online Dispute Resolution) bezeichnet. Das Ziel der Verordnung ist es, eine interaktive Online-Plattform zur außergerichtlichen Streitbeilegung zu etablieren. Hintergedanke ist, dass ein Verbraucher von einem grenzüberschreitenden Rechtsgeschäft, beispielsweise dem Kauf eines Kleidungsstücks durch einen Deutschen in einem französischen Web-Shop, abgehalten werden könnte, weil er im Falle eines Rechtsstreits gegenüber dem Online-Händler seine Rechte nicht durchsetzen kann. In unserem Beispiel müsste sich der Verbraucher beispielsweise auf Französisch an den Händler wenden. Um diese Hürden abzubauen, will die EU eine Möglichkeit schaffen, „das Vertrauen der Verbraucher und Unternehmer in den digitalen Binnenmarkt“ zu stärken, indem eine Möglichkeit zur einfachen und kostengünstigen Beilegung von Streitigkeiten etabliert wird.

Dies soll geschehen durch die Etablierung einer Online-Plattform, die als „zentrale Anlaufstelle“ (Artikel 5 Abs. 2 ODR-Verordnung) Unterstützung durch Formulare, Übersetzungen und die Vermittlung von Streitbeilegungsstellen bereithalten soll.

Die Verordnung hat vor allem die Informationspflichten und den Aufbau der EU-weiten Plattform zum Gegenstand. Diese Regelungen gelten, wie oben dargestellt, ab sofort.

Ergänzt wird die Verordnung durch die Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.05.2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten, die in Deutschland vor allem durch das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz –VSBG– umgesetzt werden soll. Darin sind die Einzelheiten der außergerichtlichen Streitbeilegung in Deutschland geregelt. Den Gesetzentwurf hierzu hat der Deutsche Bundestag am 03.12.2015 angenommen und dem Bundesrat vorgelegt. Das Gesetz befindet sich also noch im Gesetzgebungsverfahren, während die Verordnung bereits in Kraft ist.

Die (derzeit) relevanten Vorschriften

Zu den Regelungen betreffend die Information der Verbraucher zählt auch Artikel 14 Abs. 1 ODR-Verordnung. Dieser verpflichtet sämtliche Unternehmer, die „Online-Kaufverträge oder Online-Dienstverträge eingehen, und in der Union niedergelassene Online-Marktplätze“ einen Link zu der OS-Plattform vorzuhalten, sofern mit Verbrauchern Online-Verträge geschlossen werden. Der Link muss „für Verbraucher leicht zugänglich sein“ (Satz 2).

Die Verordnung ist am 09.01.2016 in Kraft getreten! Das bedeutet, jeder Betreiber einer Homepage, auf der Waren oder Dienstleistungen gegenüber Verbrauchern angeboten werden, ist verpflichtet, den vorgenannten Link leicht zugänglich vorzuhalten. Absurd ist, dass die Plattform, auf die verlinkt

werden muss, derzeit noch nicht existiert. Auf der Seite, die die EU für die Plattform vorgesehen hat, wird lediglich darüber informiert, dass ab Mitte Februar 2016 eine solche Plattform online sein wird. Dies ändert aber nichts an der rechtswirksamen Verpflichtung, auf die (leere) Seite zu verweisen.

Auch nach einem Inkrafttreten des jetzt beschlossenen VSBG wird es bei einer reinen Informationspflicht bleiben. Im Übrigen besteht keine Verpflichtung der Onlinehändler, sich an dem angebotenen Schlichtungsverfahren zu beteiligen. Die Informationspflichten werden mit Inkrafttreten des Gesetzes allerdings noch ausgeweitet (vgl. §§ 36 f. VSBG).

Rechtsfolgen des Verstoßes

So absurd die Regelung – jedenfalls bis zur Fertigstellung der Plattform – auch sein mag, empfiehlt es sich, die Vorschrift zu beachten. Es ist davon auszugehen, dass die Gerichte die Vorschrift als eine das Marktverhalten regelnde Norm auffassen werden, so dass der Verstoß hiergegen zugleich einen Wettbewerbsverstoß darstellt (§ 3a UWG), der von Wettbewerbsverbänden und Mitbewerbern zu einer kostenpflichtigen Abmahnung ausgenutzt werden kann.

Dieser Beitrag wurde verfasst von Rechtsanwalt Andreas Frings von der Kanzlei Busse & Miessen.

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