Praktikanten als günstige Arbeitskräfte?

Dr. Andreas Nadler

Dr. Andreas Nadler

Praktikanten als günstige Arbeitskräfte einzusetzen um somit Geld zu sparen birgt einige Gefahren, die den Unternehmer später teuer zu stehen kommen können. Rechtsanwalt Dr. Andreas Nadler von der Kanzlei Busse & Miessen erklärt worauf unbedingt geachtet werden muss, wenn Praktikanten als eingesetzt werden.

Praktikanten sind für eine vorübergehende Dauer in einem Betrieb, um praktische Erfahrungen zu sammeln – so sollte es zumindest sein. Welcher Schaden droht, wenn man sich nicht daran hält, zeigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts Bochum vom 25.03.2014 (Az.: 2 Ca 1482/13). Eine Praktikantin wurde in einem Supermarkt über mehrere Monate wie alle anderen Mitarbeiter eingesetzt, beispielsweise an der Kasse, für Putztätigkeiten oder zum Einräumen der Regale. Es ging hier also ersichtlich nicht darum, Eindrücke zu erhalten und Erfahrungen zu sammeln. Die Praktikantin war für den Supermarkt vielmehr eine günstige Arbeitskraft. Daher hat das Arbeitsgericht Bochum festgestellt, dass in Wahrheit kein Praktikum, sondern ein (vergütungspflichtiges) Arbeitsverhältnis vorlag. Es verurteilte den Betreiber des Supermarkts zur Lohnzahlung in Höhe von über 17.000,- €.

Damit das nicht passiert, ist bei der Beschäftigung von Praktikanten streng darauf zu achten, dass der Ausbildungszweck klar im Vordergrund steht. Auf keinen Fall dürfen Praktikanten genau wie Angestellte zur Arbeit eingesetzt werden. Ansonsten drohen nicht nur die Vergütungsansprüche des Praktikanten. Hinzu kommen Sozialversicherungsbeiträge, für die der Arbeitgeber nicht nur hinsichtlich der Arbeitgeberanteile, sondern auch bezüglich der Arbeitnehmeranteile haftet. Weiterhin werden für die verspätete Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge erhebliche Säumniszuschläge erhoben. Je länger ein vermeintliches Praktikum andauert, desto größer ist das Haftungsrisiko.

Für die Abgrenzung eines Praktikums von einem Arbeitsverhältnis ist nicht entscheidend, ob der Ausbildungszweck in einem möglicherweise vorhandenen Praktikumsvertrag festgehalten ist, wenn die praktische Durchführung davon abweicht. Die Rechtsprechung stellt darauf ab, wie das vertragliche Verhältnis gelebt wird. Kommt es zum Prozess, muss der Arbeitgeber beweisen, dass die Ausbildung im Vordergrund stand und der Praktikant nicht nur wie ein gewöhnlicher Arbeitnehmer tätig wurde. Dazu muss er darlegen, ob und inwieweit unter wessen Anleitung der Praktikant in welchem Umfang gearbeitet hat.

Wenig Probleme dürften dabei nur die Fälle bereiten, in denen ein z. B. in der Studienordnung vorgeschriebenes Praktikum absolviert wird. Ungleich größer ist das Risiko bei freiwilligen Praktika, insbesondere, wenn diese nicht auf eine Initiative des Praktikanten zurückgehen.
Dieses Thema hat in einer Zeit, in der von Begriffen wie „Generation Praktikum“ die Rede ist, bereits an sich eine hohe Relevanz. Die Thematik gewinnt jedoch auch mit Blick auf die aktuelle Gesetzgebung zusätzlich an Bedeutung. Nach dem aktuellen Entwurf zum Mindestlohngesetz sollen grundsätzlich – wenn auch mit Ausnahmeregelungen in noch unklarem Umfang – auch Praktikanten vom Mindestlohn in Höhe von 8,50 € erfasst werden. Ob diese Absicht das Gesetzgebungsverfahren übersteht, bleibt abzuwarten.

Dieser Beitrag wurde erstellt von Rechtsanwalt Dr. Andreas Nadler von der Kanzlei Busse & Miessen.

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