Schöne, neue Arbeitswelt – Über Vorzüge und Fußangeln von Home Office, Heimbüro & Co

Arbeiten im Homeoffice

Jeder, der bislang noch nicht in ihren Genuss gekommen ist, hat schon mal davon geträumt oder zumindest daran gedacht – und sich versucht, vorzustellen, wie es wäre, wenn… Rund 12 Prozent aller Berufstätigen haben sie 2012 ausgeübt: Die Rede ist von der Arbeit von zu Hause aus, die landläufig unter dem neudeutschen Begriff vom „Home Office“ in aller Munde ist.

Der Markt ist da: Auf die Frage hin, ob Man(n) oder Frau lieber im Büro oder von zu Hause arbeiten würde, gab laut Bundesverband der Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (Bitkom) immerhin jeder Fünfte zu Protokoll, dass er (sie) am liebsten ganz von zu Hause arbeiten würde, wenn die Wahl bestünde. Abgesehen von der Tatsache, dass bereits durchschnittlich jeder Zehnte in seinen eigenen vier Wänden „zur Arbeit geht“, könnten sich rund 40 Prozent aller Deutschen vorstellen, zumindest einige Tage in der Woche von zu Hause aus zu arbeiten.

Ist angesichts einer offenkundigen Nachfrage nach Tele-Arbeit ein Trend am Arbeitsmarkt erkennbar? Die nüchternen Zahlen sehen anders aus. Obwohl nur augenscheinlich etwas mehr als jeder Vierte nach wie vor ins Büro arbeiten gehen möchte, ist der Trend in den letzten 20 Jahren rückläufig, was die Quote an Heimarbeitern angeht. Lag die Quote 1996 noch bei 8,8 Prozent aller Arbeitnehmer und Selbstständige, stieg ihr prozentualer Anteil  zwar auf den Rekordwert von 9,7 Prozent im Jahr 2008 an. In den darauffolgenden Jahren fiel sie aber kontinuierlich auf lediglich noch rund 4,7 Millionen Menschen, die überwiegend oder teilweise von zu Hause aus arbeiten, wie eine Studie unter Karl Brenke im Auftrag des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) feststellte.

Trotz gestiegener technischer Möglichkeiten, einen Heimarbeitsplatz einzurichten und anhaltender Nachfrage: Erstens halten gerade viele deutsche Unternehmen an ihrer konventionellen Präsenzpolitik fest, zweitens ist auch hinsichtlich Tele-Arbeit nicht alles Gold, was glänzt. Denn die Medaille hat ja bekanntlich zwei Seiten. Von zu Hause aus zu arbeiten birgt einige Vorteile, hält aber auch Nachteile parat, die der Einzelne in Kauf nehmen muss, wenn er sich für diese Arbeitsform entscheidet. Welche Vor –und Nachteile bringt Home Office mit sich?

PRO – Arbeiten in vertrauter Umgebung bei freier(er) Zeiteinteilung

Immer mehr Arbeitnehmer werden von ihren Firmen mit Laptops und Smartphones ausgestattet und können aus der Ferne auf die Netzwerke ihrer Firma zugreifen – ein Trend, der sich aus Sicht von Christiane Flüter-Hoffmann vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft in Köln mittel-bis langfristig durchsetzen wird (Quelle: n24.de). Rund 2,7 Millionen Angestellte – acht Prozent aller Arbeitnehmer – wussten 2012 die Vorzüge zu schätzen und zu genießen, die das Arbeiten im Heimbüro mit sich bringt. Doch nicht für jede Berufsgruppe ist die Arbeitsform geeignet. Statistisch gesehen arbeiten vor allem Höherqualifizierte und Leute mit Hochschulabschluss von zu Hause aus. Von Freiberuflern und Selbständigen wird am ehesten erwartet, dass sie zumindest zeitweise von zu Hause aus arbeiten (können). Daneben erstreckt sich das Spektrum laut DIW von Managern, Juristen, Wissenschaftlern, Publizisten bis hin zu Ingenieuren, Lehrern und Redakteuren. Daneben bietet sich nur für rund 22 Prozent aller Arbeiter die Möglichkeit von Tele-Arbeit.

Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Familie und Beruf im Homeoffice

Arbeit und Familie lassen sich im Homeoffice viel besser miteinander vereinbaren.

Hauptargument gerade für Familien mit Kindern ist die Vor-Ort-Erreichbarkeit, falls es im Tagesablauf mal hapert, wenn es um die Betreuung der Kinder geht. 86 Prozent der Berufstätigen, die teilweise zu Hause arbeiten, sind der Ansicht, dass sie so Job und Familie besser vereinbaren können. Besonders vorteilhaft ist Tele-Arbeit dabei gerade für diejenigen, die halbtags arbeiten und dafür eine längere Wegstrecke in Kauf nehmen müssen. Das Mehr an Zeit kann dann für Notfälle investiert werden, wenn ein Kind beispielsweise den Bus verpasst hat und zur Schule gefahren werden muss, oder wenn unerwartet früher Schulschluss ist. Viele Arbeitgeber bieten flexible Arbeitszeiten an, fehlende Arbeitsstunden können im Bedarfsfall abends nachgeholt werden.

Weniger Zeitdruck - Höhere Flexibilität

Flexiblere Arbeitszeiten

Die Arbeitszeiten sind im Homeoffice häufig viel flexibler, als im Unternehmen.

Grundsätzlich ist Flexibilität aus Sicht des Arbeitgebers in aller Regel erlaubt. Arbeitszeiten können Berufstätige im Home-Office nach ihren produktiven Phasen ausrichten, wodurch eine höhere Effektivitätsauslastung gewährleistet wird – vorausgesetzt, Chef und Kollegen sind über die zeitweise Abwesenheit informiert. Durch eine flexiblere Zeiteinteilung wird Zeitdruck reduziert, kreative Phasen können besonders genutzt werden und fördern in kürzerer Zeit qualitativ höherwertige Leistungen. Demgegenüber können Tagesphasen verminderter Leistungsfähigkeit eher für ein regeneratives „Auftanken der Batterien“ in Form von kleineren Pausen genutzt werden.

Kostenersparnis durch Verzicht auf Verkehrsmittel

Wer nicht täglich pendeln muss spart an finanziellen Ressourcen ein, die anderweitig, beispielsweise in eine technische Aufrüstung der eigenen Büro-Ausstattung, zweckgebunden reinvestiert werden können. Ob Bus- oder Zug-Monatsticket, Pkw-Kraftstoff oder –Abnutzung – die Liste an Einsparungen ist lang, wenn nicht täglich gependelt werden muss. Statistisch gesehen hatte 2008 laut einer Studie des Statistischen Bundesamtes rund jeder Vierte mindestens zehn Kilometer täglich zur Arbeit zurückzulegen, für jeden Zehnten waren es sogar 25 Kilometer und mehr. Und knapp jeder Zwanzigste Arbeitnehmer nahm sogar eine tägliche Anfahrt von 50 Kilometer in Kauf. Da kommen schnell monatliche Fahrtkosten von 100 Euro und mehr zusammen, von höherem Pkw-Verschleiß und den damit verbundenen erhöhten Wartungs- und Werkstattkosten ganz zu schweigen.

Über 70 Prozent der deutschen Erwerbstätigen benötigten 2012 immerhin zwischen zehn und 30 Minuten auf ihrem Weg zur Arbeit, knapp 22 Prozent sogar zwischen 30 und 60 Minuten. Jeder zwanzigste Berufstätige nahm eine tägliche Anfahrt-Zeit von mindestens einer Stunde pro Wegstrecke in Kauf – Zeit, die anderweitig zu Hause sinnvoller eingesetzt werden könnte.

Besseres Arbeitsklima und individuellere Atmosphäre

schlechtes Arbeitsklima im Großraumbüro

Das Arbeitsklima ist meistens besser, als in einem Großraumbüro, besonders für Menschen, die ohnehin unter Konzentrationsschwierigkeiten leiden.

Hoch im Kurs steht die Schaffung einer individuellen Arbeitsatmosphäre, die in den eigenen vier Wänden auf die Bedürfnisse des Einzelnen hin ausgerichtet werden kann. Nicht in jedem Büro oder Großraumbüro sind persönliche Zimmerpflanzen oder das Anbringen von eigenen Bildern oder dem Lieblings-Poster erwünscht – im Heimarbeitsbereich ist all dies möglich. Auch die Lieblingsmarotten lästiger Kollegen müssen nicht mehr mitgetragen werden und lenken nicht mehr von der eigentlichen Arbeit ab. Vergessen ist auch das gängige Ritual in Großraumbüros, dass keine alle Seiten zufriedenstellende einheitliche Regelung über die optimale Raumtemperatur und (Frisch-)Luftverhältnisse gefunden werden kann.  Uneinigkeit artet häufig in nicht enden wollende, unproduktive Dauerdiskussionen aus, die überdies von der eigentlichen Arbeit ablenken und unnötig Zeit kosten. Im Heimbüro kann der Arbeitnehmer alles nach seinen Vorlieben gestalten, einstellen und einrichten, um das Umfeld optimal in den Dienst einer erhöhten Konzentrationsfähigkeit zu stellen.

Und Vater Staat gibt noch was dazu

Nicht zuletzt lassen sich Ausgaben für den Heimarbeitsbereich beim alljährlichen Lohnsteuer-Jahresausgleich steuermindernd geltend machen. Steuerlich absetzbar sind  nämlich laut tarife.de all diejenigen Kosten, die im Zusammenhang mit dem Job stehen, wie den beruflich genutzten Computer zu Hause, sowie alle weiteren Anschaffungen, die der Arbeitnehmer nicht oder kaum privat nutzt. Wer sich sein eigenes Büro zu Hause einrichtet, darf alle in diesem Zusammenhang stehenden Kosten bei der Jahressteuererklärung steuermindernd als Werbungskosten geltend machen. Die Werbekosten-Pauschale liegt bei maximal erstattungsfähigen im Jahr 1.000 Euro pro Arbeitnehmer.

CONTRA – Wenn die Grenzen zwischen Beruflichem und Privatem verschwimmen

Zu den Schattenseiten des Home Office zitiert welt.de Annelie Buntenbach, Vorstandsmitglied beim Deutschen Gewerkschaftbund (DGB), die die These vertritt, dass die Arbeit im Zweifel mehr Zeit auffresse, denn Beruf und Privatleben ließen sich immer weniger trennen: „Das Home Office ist eben nicht das bequeme Sofa oder ein lässiges Straßencafé, sondern oft doppelter Stress“. Unter dem Titel „Der Trend zum „Home Office“ ist eine Illusion“ verweist die Online-Zeitung weiter auf einen Erklärungsansatz der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), die  gerade in der Schaffung flexibler Arbeitszeiten und Arbeitszeitkonten einen Grund für den rückläufigen Trend ausgemacht haben will. Ein Mehr an Freiheit über die eigene Zeit könne umgekehrt dazu führen, dass die Nachfrage der Arbeitnehmer nach Telearbeit sinke. Viele Beschäftigte kämen gerade mit einem freier gesteckten, flexiblen Zeitrahmen persönlich nicht klar, ein Zuviel an Freiräumen schade der persönlichen Motivation.

Freiheit ohne Grenzen? – Von den Grenzen der Freiheit

Studien zufolge bieten nur rund ein Drittel aller Unternehmen das Home Office überhaupt an. Und das hat seinen Grund. Denn Fälle wie Yahoo, wo die Yahoo-Chefin Marissa Mayer ihre Heimarbeiter zurück ins Büro zitiert und Home Office abgeschafft hatte, häufen sich, wie karriere.de betont. Denn laut Expertenmeinung können Firmen scheitern, wenn sie in innovativen Bereichen verstärkt virtuelle Teams einsetzen. Beiträge in entsprechenden Blogs hatten zutage gefördert, dass offenkundig viele Mitarbeiter nicht mehr wussten, woran sie überhaupt arbeiten (sollten). Mehrere Tage von der Firma fern zu sein und selbständig zu arbeiten ist offenkundig nicht jedermanns Sache. Nicht jeder Typ ist für Heimarbeit geschaffen und verfügt über ausreichende Selbstdisziplin und entsprechende Persönlichkeitsstruktur. Wer erfolgreich von zu Hause arbeiten will, muss in der Lage sein, im Täglichen Persönliches von Beruflichem strikt trennen zu können. Fehlender oder geringer Zeitdruck verleitet so manchen, bei der Arbeit zu bummeln und Wichtiges lieber auf den nächsten Tag zu verschieben. Geraten dann Fristen in Verzug, muss abends nachgearbeitet werden – der erste Schritt auf ein Vermischen von Privatem und Beruflichem hin.

Mehr oder weniger auf sich allein gestellt - soziale Isolation und Selbstkontrolle

Kommunikations- und kontaktfreudige Persönlichkeiten neigen eher dazu, mit der isolierten Arbeitssituation zu Hause „im stillen Kämmerlein“ nicht zurecht zu kommen. Sie brauchen direkten Kollegenkontakt, hie und da mal ein Gespräch im Aufenthaltsraum, ein Smalltalk zwischen Tür und Angel oder das gemeinsame Mittagessen mit Kollegen.

Andererseits gibt es Mitarbeiter, die über unzureichende Selbstkontrolle verfügen: Übermotiviert durch die anvertraute eigenverantwortliche Tätigkeit, neigen sie dazu, den Blick auf die Uhr allzu gern zu vergessen und mehr zu arbeiten als notwendig. Den nötigen Schlussstrich unter eine Tagesleistung zu ziehen, Pausen strikt einzuhalten und regelmäßig und pünktlich Feierabend zu begehen, fällt ihnen schwer. Geregelte Arbeitszeiten in einem konventionellen Büro- und Kollegenumfeld sind für diesen Arbeitstyp meist die sinnvollere Variante. Eine klare Trennung zwischen Arbeits- und Wohnbereich ist eine wichtige Voraussetzung, um auch mal von der Arbeit abschalten zu können und die eigenen Akkus aufzuladen.

Fazit: Ablenkungsgefahren lauern überall

Bringt das soziale Umfeld, die eigene Familie genügend Verständnis mit, das arbeitende Familienmitglied auch wirklich für einige Stunden in Ruhe zu lassen und nicht zu stören? Ausreichende Akzeptanz ist nicht selbstverständlich. Familienmitglieder sollten unbedingt dazu bereit und in der Lage sein, entsprechende Rücksicht walten zu lassen und das arbeitende Familienmitglied in dieser Hinsicht zu unterstützen. Ein Heimbüro neben einem Kinderzimmer ist auch eher kontraproduktiv. Der Home Office-Mitarbeiter sollte über geeignete Räumlichkeiten abseits täglicher Betriebsamkeit verfügen, die zudem noch mit entsprechendem Inventar (Mobiliar, Hard- und Software, Internetanschluss etc.) ausgestattet sein muss, um überhaupt Tele-Arbeit adäquat leisten zu können.

 

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