Bereits seit dem Jahr 2000 gilt durch Umsetzung der Richtlinie für den Fernabsatz das sogenannte Fernabsatzgesetz. Die Richtlinie verfolgt das Ziel einer Harmonisierung des Versandhandels in der Europäischen Union und damit eine Stärkung der Rechte des Verbrauchers. Im Jahre 2002 fanden die Regeln des Fernabsatzgesetzes auch direkt Eingang in das Bürgerliche Gesetzbuch. Hinsichtlich der Auslegung und Anwendung einzelner Regelungen bestanden zum Zeitpunkt des Inkrafttretens gewisse Unsicherheiten. Wesentliche Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches wurden im Zuge der Einführung des Fernabsatzgesetzes geändert. Und so verging nicht viel Zeit, bis sich auch Gerichte mit dieser Thematik auseinandersetzen mussten.
Das Fernabsatzgesetz ist unmittelbar anwendbar auf Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen oder auf Warenlieferungen, die zwischen Verbraucher und Unternehmer unter der ausschließlichen Anwendung von Fernkommunikationsmedien zustande kommen. Folgerichtig ergibt sich daraus, dass Verträge, welche zwischen zwei Verbrauchern geschlossen wurden, nicht unter den Anwendungsbereich des Fernabsatzgesetzes fallen. Auch sogenannte B2B Geschäfte, bei denen zwei Unternehmer beteiligt sind, fallen ausdrücklich nicht unter die Bestimmungen dieses Gesetzes. Um die Anwendung des Fernabsatzgesetzes besser zu verstehen, müssen zunächst die Begriffe Verbraucher und Unternehmer definiert werden. Gemäß des Bürgerlichen Gesetzbuches ist ein Verbraucher jede natürliche Person, die Rechtsgeschäfte zu nicht beruflichen oder gewerblichen Zwecken abschließt.
Somit ist auch jeder Gewerbetreibende ein Verbraucher, solange die bestellte Dienstleistung oder Ware keinem gewerblichen Zweck dient. Ein Unternehmer ist jede juristische oder natürliche Person oder Personengesellschaft, welche in Ausübung einer selbstständigen oder gewerblichen Tätigkeit den Abschluss eines Rechtsgeschäftes herbeiführt. Das Zustandekommen des Vertragsschlusses muss ausschließlich unter der Verwendung von Fernkommunikationsmedien erfolgt sein. Kennzeichen solcher Fernkommunikationsmittel ist, dass Verträge zustande kommen, ohne dass beide Vertragspartner gleichzeitig anwesend sind. Im geschäftlichen Alltag sind dies beispielsweise Faxnachrichten, Kataloge, Briefe, Telefonate oder E-Mails. Verbraucher und Unternehmen durften sich bis zum Vertragsschluss nicht persönlich begegnet sein. Nicht nur der Vertragsschluss, sondern bereits die Vertragsanbahnung mussten ausschließlich durch die Nutzung von Fernkommunikationsmedien zustande gekommen sein.
Das Fernabsatzgesetz, FernAbsG, findet keine Anwendung auf Finanzgeschäfte, damit sind sämtliche Bankgeschäfte, Versicherungsschäfte sowie Wertpapiergeschäfte gemeint. Auch Lieferungen des täglichen Bedarfs, beispielsweise Lebensmittel, sowie auf Fernunterrichtsverträge und Grundstücksverträge sind die Fernabsatzregeln nicht anwendbar. Die Bestimmungen des Fernabsatzgesetzes bieten Verbrauchern einen Mindestschutz. Sofern andere Verbrauchervorschriften günstiger sind, so finden diese entsprechend Anwendung. Anbieter unterliegen gemäß den Bestimmungen des Fernabsatzgesetzes gewissen Informationspflichten. Bereits bei der Vertragsanbahnung muss über Identität und Geschäftszweck des eigenen Unternehmens aufgeklärt werden.
Bestimmte Angaben wie Gültigkeitsdauer von befristeten Angeboten, Liefervorbehalte oder wesentliche Merkmale zu den angebotenen Dienstleistungen oder Waren müssen einem Kunden stets vor einer Bestellung mitgeteilt werden. Bei einer vollständigen Erfüllung einer Bestellung, beispielsweise durch Warenlieferung, müssen diese Informationen dem Kunden in Textform vorliegen. Das Fernabsatzgesetz gestattet Ausnahmen bei Dienstleistungen, welche ausschließlich durch den Einsatz von Fernkommunikationsmedien erbracht wurden. Auch das Widerrufs- und Rückgaberecht fällt unter die Bestimmungen des Fernabsatzgesetzes. Grundsätzlich kann ein Verbraucher den Vertrag innerhalb einer Frist von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt einer Ware oder Dienstleistung oder nach einer entsprechenden Widerrufsbelehrung.
Wird ein Widerruf frist- und formgerecht erklärt, so hat ein Kunde Anspruch auf Kaufpreiserstattung. Das Fernabsatzgesetz wirft im Zusammenhang mit Online-Auktionen gewisse Probleme auf, denn das Widerrufsrecht ist bei Versteigerungen ausgeschlossen. Kommerzielle Anbieter müssen auf Versteigerungsplattformen Kunden über ein Widerrufsrecht belehren, dies kann zweckmäßig bereits in der Angebotsbeschreibung geschehen. Beim Downloaden von Software, Videos oder Musik bestehen hinsichtlich der Anwendung des Fernabsatzgesetzes weiterhin juristische Unklarheiten. Ein Widerrufsrecht ist beispielsweise ausgeschlossen, wenn im Internet bestellte und per Post gelieferte Software entsiegelt wurde. Wenn nach Vertragsschluss ebooks oder Software gleich zum Download zur Verfügung stehen, gilt der Ausschluss des Widerrufsrechtes nach FernAbsG. Bisher wurden Änderungsvorschläge zur Konkretisierung der gesetzlichen Bestimmungen durch die Bundesregierung abgelehnt.