Handwerksrolle

HandwerksrolleDie Handwerkskammer ist verpflichtet, ein Verzeichnis zu führen, in dem die Betriebsinhaber aller im Kammerbezirk vorhandenen Unternehmen der geschützten Handwerksberufe eingetragen sind. Sie müssen ein stehendes Gewerbe betreiben, wie dies bei jedem Handwerksunternehmen mit einem festen Betriebssitz und einer Werkstatt der Fall ist. Dieses Verzeichnis wird als Handwerksrolle bezeichnet und Deutschland ist das einzige Land, welches ein solches Gesetz in dieser strikten Form beibehält. Es ist europaweit höchst umstritten, aber es schützt die Stellung des Meisters oder eines gleichwertig qualifizierten Fachmannes. Geregelt sind die Bestimmung hinsichtlich der Führung der Handwerksrolle im Gesetz zur Ordnung des Handwerks HwO in Anlage A. Betriebsinhaber, die in die Handwerksrolle eingetragen worden sind, erhalten eine Handwerkskarte. Mit ihr sind sie berechtigt, Arbeiten in ihrem geschützten Handwerksberuf für Dritte auszuführen.

Wer wird in die Handwerksrolle eingetragen?

Der übliche Weg zum Eintrag in die Handwerksrolle führt über die Meisterausbildung einschließlich der bestandenen Abschlussprüfung im entsprechenden Gewerk. Diese Ausbildung ist sehr zeit- und kostenintensiv und häufig kommen geeignete Fachkräfte auch beispielsweise aus der Industrie. Deshalb werden auch Industriemeister nach § 46/2 gemäß BBiG direkt in die Handwerksrolle eingetragen. Voraussetzung ist jedoch, dass ihre bestandene Prüfung gleichwertig zur jeweiligen Handwerksmeisterprüfung nach § 7/2 HwO erfolgt ist. Gleichwertige Abschlussprüfungen einer deutschen Hochschule oder das Diplom eines anderen EU-Staates werden ebenfalls anerkannt und ermöglichen den Eintrag in die Handwerksrolle. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass Altgesellen nach ihrer Gesellenprüfung mindestens sechs Jahre Berufspraxis und davon vier in leitender Stellung nachweisen können. Diesbezüglich bestehen jedoch Ausnahmen, indem Schornsteinfeger, Orthopädieschuhmacher, Augenoptiker, Hörgeräteakustiker und Orthopädiemechaniker nicht von dieser Sonderstellung profitieren können.

Keine Gelegenheit zur Meisterausbildung – was tun?

Der praktische Fall tritt sehr häufig ein. Der Altmeister und Betriebsinhaber beschäftigt seine Tochter oder seinen Sohn bereits seit Jahren im Unternehmen oder sie arbeiten in einer gleichgearteten Firma. Er erkrankt schwer oder verstirbt unerwartet. Der Fortbestand des Unternehmens ist gefährdet. Die Arbeitsplätze gehen verloren und angefangene Arbeiten können mit der Folge hoher wirtschaftlicher Verluste nicht mehr fertiggestellt werden.
Für die Kinder wäre es unmöglich, sofort die mehrjährige Meisterausbildung zu absolvieren und gleichzeitig das Unternehmen zu führen. Außerdem ist die Meisterausbildung sehr kostenintensiv und diese Mittel stehen häufig nicht zur Verfügung. Diese Gründe, aber auch gesundheitliche Einschränkungen, Outsourcing, eigenes fortgeschrittenes Alter oder die Ausübung einer Spezialtätigkeit ermöglichen den Eintrag in die Handwerksrolle.
Zahlreiche dieser Sonderbestimmungen decken sich mit der Stellung des Altgesellen mit nachweisbarer Berufspraxis. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass kein Unternehmen zugrunde geht, solange ein qualifizierter Fachmann eingesetzt werden kann.

Welche Vorteile bietet der Eintrag in die Handwerksrolle?

Eingangs wurde bereits gesagt, dass Deutschland das einzige Land mit derart strikten Vorgaben hinsichtlich der geschützten Handwerksberufe ist. Die Handwerkskammern schützen damit die Stellung des Meisters beziehungsweise des gleichwertig qualifizierten Fachmannes. Hintergrund dazu ist, dass in den geschützten Handwerksberufen Arbeiten und Dienstleistung ausgeführt werden, die höchste fachliche Qualifikationen und Verantwortungsbewusstsein voraussetzen. Dazu gehören alle gesundheitlichen Leistungen am Menschen und seinem Bewegungsapparat, aber auch technische Arbeiten an Elektro- und Gasanlagen.
Wer in die Handwerksrolle eingetragen ist, hat den Nachweis erbracht, dass er zur fachgerechten und verantwortungsbewussten Ausführung dieser Arbeiten und Dienstleistungen befähigt ist. Im Gegenzug verlangen Auftraggeber häufig den Nachweis über die Eintragung in die Handwerksrolle (Handwerkskarte).

Die schwarzen Schafe der Branche

Das EU-Recht der europaweit freien Berufsausübung steht im extremen Spannungsverhältnis zum geltenden Deutschen Recht der Handwerkskammerordnung. Die Folgen bestehen darin, dass Firmen anderer EU-Länder ohne Eintrag in der deutschen Handwerksrolle auch in Deutschland arbeiten dürfen. Sie umgehen damit die kostenintensive Einsetzung eines Meisters oder geleichwertigen Fachmannes.
Immer wieder entstehen Firmen, die sich einen Altmeister im Rentenalter als „Konzessionsträger pro forma“ sichern. Davor muss ausdrücklich gewarnt werden, wenn diese Alibi-Meister nicht aktiv im Unternehmen tätig sind. Umgehungen des Eintrags in die Handwerksrolle werden mit Geldbußen bis zu 10.000 Euro belegt und häufig wird diese Arbeit als Schwarzarbeit eingestuft.

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