Im Steuerrecht ist das Rumpfwirtschaftsjahr ein weniger als zwölf Monate langer Besteuerungszeitraum. Begrifflich wird in das Kalenderjahr sowie in das Geschäfts- beziehungsweise Wirtschaftsjahr unterschieden. Das Geschäftsjahr ist der Zeitraum, für den das Ergebnis der unternehmerischen Tätigkeit in einem Jahresabschluss zusammengefasst wird. Das kann sowohl eine Bilanz als auch die vereinfachte Einnahmeüberschussrechnung, die EÜR, sein. Steuerrechtlich wird das Geschäftsjahr als Wirtschaftsjahr bezeichnet. Hier ist es der Zeitraum für die Besteuerung. Da ausschließlich die geschäftlichen Aktivitäten besteuert werden, gelten beide Begriffsbestimmungen für denselben Sachverhalt. Wie das Wort Rumpf sagt, fehlt etwas am Ganzen. Beim Schiffsrumpf fehlen die Aufbauten, beim Flugzeugrumpf die Tragflächen und das Fahrgestell. Beim Geschäfts- oder Wirtschaftsjahr fehlen einige bis hin zu mehrere Monate an einem kompletten, zwölfmonatigen Jahr.
In den meisten Fällen sind Geschäfts- und Kalenderjahr identisch. Gängig, wenn auch nicht allzu häufig vorkommend, ist das vom Kalenderjahr abweichende Geschäftsjahr vom 1. Juli bis 30. Juni, oder vom 1. Oktober bis 30. September. Im Gesellschaftervertrag einer GmbH ist der Zeitraum des Geschäftsjahres mit Beginn und Ende festgelegt. Vergleichbar ist das im Gründungsvertrag einer AG, der Aktiengesellschaft der Fall. Grund für ein Rumpfwirtschaftsjahr ist in den meisten Fällen eine Phase zwischen zwei Geschäftsjahren, die zur zeitlichen Anpassung einmalig überbrückt werden muss. Weitere Gründe für ein Rumpfwirtschaftsjahr sind eine Neugründung, die Auflösung oder die Veräußerung des Unternehmens. Nach § 240 des Handelsgesetzbuches HGB darf aus diesen Anpassungsgründen ein Rumpfwirtschaftsjahr nicht länger als ein Geschäfts-/Wirtschaftsjahr, also als zwölf Monate, sein.
Die Neugründung eines Unternehmens kann, muss aber keineswegs zum Ersten eines neuen Kalenderjahres erfolgen. Die sogenannte unterjährige Unternehmensgründung ist ebenso gängig. Der Jungunternehmer möchte und braucht nicht den nächsten Jahreswechsel abzuwarten, um seine Selbstständigkeit aufzunehmen. Er kann das Gewerbe jederzeit bei der Gemeinde seines Wohn-/Gewerbesitzes anmelden. Damit verbunden ist auch die steuerliche Erfassung beim örtlich zuständigen Betriebsfinanzamt. Die Abgabe der Jahressteuererklärung geschieht kalenderjährlich, und zwar bis Ende Mai des auf das Geschäfts-/Wirtschaftsjahr folgenden Kalenderjahres. Daraus ergibt sich automatisch, dass der Zeitraum von der Gewerbeanmeldung bis zum 31. Dezember des betreffenden Kalenderjahres das – einmalige- Rumpfwirtschaftsjahr ist. Es ist wie ein Anpassungszeitraum an den Rhythmus zur zukünftigen Abgabe der Einkommensteuererklärung. Viele Versicherungen handhaben die Beitragszahlung ebenso. Bei einem Versicherungsbeginn während des laufenden Kalenderjahres wird der Beitrag für die Erstprämie so berechnet und aufgeteilt, dass die zukünftigen quartalsmäßigen oder jährlichen Zahlungen mit dem Jahresbeginn korrespondieren. Die erste Prämienzahlung ist dementsprechend niedriger, sie gilt bei einer Jahreszahlung aber auch nur bis zum 31. Dezember des laufenden Jahres.
Jedes Rumpfwirtschaftsjahr weist einen niedrigen Umsatz und Gewinn aus. Gegenüber dem zwölfmonatigen Geschäfts-/Wirtschaftsjahr kann die Differenz, abhängig vom Unternehmensbeginn, gering bis hin zu erheblich sein. Der Selbstständige sollte einige Ergebniszahlen aus seiner Gewinn- und Verlustrechnung, aus der betriebswirtschaftlichen Auswertung oder auch aus der Einnahmeüberschussrechnung fiktiv auf zwölf Monate umrechnen. Die Zahlen alleine geben ein schräges und unzutreffendes Bild über die Unternehmensentwicklung; beispielsweise bei Gesprächen mit der Hausbank zur Kreditgewährung und der dazugehörigen Bonitätsbewertung des neuen Unternehmens. Ein viermonatiger Umsatz mit Gewinn ist deutlich weniger vertrauenswürdig als die auf zwölf Monate hochgerechnete Summe. Das sollte schriftlich aufbereitet werden. Dazu bieten sich eine tabellarische Übersicht oder ein Schaubild an. Der Leser muss auf einen Blick erkennen können, wie sich Umsatz und Gewinn entwickelt hätten, wenn der Unternehmer zwölf Monate Zeit gehabt hätte.
Die Rechtsgrundlage für das Rumpfwirtschaftsjahr ist der § 8b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung zu den §§ 4 bis 7 des EStG. Danach umfasst das Wirtschaftsjahr generell zwölf Monate. Ein kürzerer Zeitraum ist nach lfd. Nr. 1 unter anderem bei der Betriebseröffnung zulässig.