Der Schritt in die Selbstständigkeit wird vielfach als Befreiung von lästigen Pflichten gesehen, die für Angestellte omnipräsent zu sein scheinen. Von nun an kann der Arbeitstag selbstständig geplant und umgesetzt werden – als Existenzgründer entscheiden Sie selbst, wann und wo sie arbeiten möchten.
In der Planung der Existenzgründung schwingt häufig eine geradezu romantische Verklärung des baldigen Zustandes mit. Unbegrenzte Freiheiten, Selbstverwirklichung und die vollkommene Unabhängigkeit von der Güte anderer Menschen scheinen in greifbare Nähe zu rücken.
Wenige Monate nach der Existenzgründung folgt häufig ein harter Aufprall. Auch Selbstständige scheinen in der heutigen Zeit vom Staat sowie von vorgeblich im Interesse der Unternehmer handelnden Organisationen drangsaliert zu werden. Freiheit, Unabhängigkeit und das vollkommen selbstbestimmte Leiben entpuppen sich häufig als bloße Illusion. Nicht wenige Selbstständige geben in dieser Phase frustriert auf und kehren in ein Angestelltendasein zurück.
Um eine derartige Enttäuschung zu vermeiden, sollte bereits vor der Existenzgründung intensiv recherchiert werden, welche Verpflichtungen auf den künftigen Unternehmer oder Freiberufler zukommen werden. Die folgenden Zeilen verleihen einen ersten Überblick und präsentieren neun Pflichten, die Selbstständige keinesfalls vernachlässigen sollten, wenn sie ihren Erfolg nicht gefährden wollen.
Zu den lästigsten Aufgaben der Selbstständigkeit zählt das Führen einer Buchhaltung. Akribisch müssen Einnahmen und Ausgaben festgehalten werden. Wer nicht das Glück hat, sich einen Angestellten oder einen Steuerberater leisten zu können, muss diese Aufgabe selbst übernehmen und Woche für Woche wertvolle Zeit opfern.
Doch damit ist die lästige Pflicht noch lange nicht getan! Regelmäßig steht eine Übermittlung der Daten an einen Steuerberater an – an dieser Stelle kommen nur wenige Selbstständige um die Beauftragung eines solchen Profis herum. Wird kein Steuerberater beauftragt, müssen am sämtliche Steuererklärungen selbst angefertigt werden. Ohne Fachkenntnisse stehen Neu-Unternehmer hier vor einer Sysiphusaufgabe, die bei der Komplexität des deutschen Steuerrechts oftmals nach hinten losgeht.
Bei der Übermittlung der Buchhaltung an Steuerberater und Finanzamt sollten unbedingt alle Fristen eingehalten werden. Bei einem Überschreiten der gesetzten Fristen kann es dazu kommen, dass der Steuerberater keine Zeit mehr findet, seiner Arbeit für den Selbstständigen nachzugehen. Das Finanzamt macht häufig zusätzliche Gebühren und Zinsen geltend, wenn Fristen überschritten werden.
Kapitalgesellschaften sind in Deutschland der Publizitätspflicht unterstellt. Insbesondere rechnungslegungsbezogene Informationen müssen jährlich im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Im Regelfall ist die Veröffentlichung spätestens ein Jahr nach dem Abschluss des jeweiligen Geschäftsjahres vorzunehmen. Für mittlere, kleine und kleinste Kapitalgesellschaften gelten hinsichtlich der Pflicht zur Veröffentlichung einige Erleichterungen. Eine prinzipielle Befreiung von der Publizitätspflicht ist jedoch nicht möglich.
Seit 2007 ist dringend anzuraten, den gesetzlichen Pflichten nachzukommen, da das Bundesamt für Justiz Verstöße seitdem konsequent verfolgt. Mit einem Verstoß gegen die Publizitätspflicht sind Gebühren ab 50 Euro sowie Ordnungsgelder ab 2.500 Euro verbunden. Kommen Sie der Aufforderung nach dem Ordnungsgeld nicht nach, erhöht sich dieses nur kurze Zeit später auf 5.000 Euro.
Eine UG scheint für viele Existenzgründer die beste Möglichkeit zu sein, schnell und ohne finanziellen Aufwand ein eigenes Unternehmen zu gründen. Während für die Gründung einer GmbH ein Stammkapital von mindestens 25.000 Euro benötigt wird, kann eine UG bereits mit einer Einlage von einem Euro pro Gesellschafter gegründet werden. - Theoretisch, denn schon sobald die Rechnung des Notars eintreffen würde es zu einer Zahlungsunfähigkeit kommen.
In der Praxis ergeben sich jedoch zahlreiche Nachteile. So besitzt die UG aus der Sicht der meisten Unternehmen keinerlei Kreditwürdigkeit. Kredite und Leasingverträge werden also regelmäßig abgelehnt, da im Falle einer Zahlungsunfähigkeit kaum Stammkapital zur Verfügung steht, mit dem die UG haften könnte.
Weiterhin droht bei einem sehr geringen Stammkapital schnell eine Zahlungsunfähigkeit. Bereits einzelne Reklamationen durch Kunden oder eine Durststrecke von wenigen Monaten kann dazu führen, dass die UG ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann. Je höher das eingelegte Stammkapital der UG ist, desto unwahrscheinlicher wird das Eintreten einer Zahlungsunfähigkeit.
Aus diesen Gründen ist es ratsam, bereits zu Beginn der Geschäftstätigkeit eine möglichst hohe Einlage zu tätigen. Im Laufe der Existenz der UG sollte das Stammkapital immer weiter aufgestockt werden, bis eine Summe von 25.000 Euro erreicht ist. Ab diesem Zeitpunkt kann die Umwandlung in eine GmbH erfolgen.
Die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ sollten bei der Rechnungsstellung in jedem Falle beachtet werden. Diese Grundsätze wurden geschaffen, um das Erstellen von Steuererklärungen und -bescheiden sowie die Arbeit mit den Büchern von Selbstständigen und Unternehmern zu erleichtern. So wird einerseits Aufwand vermieden, andererseits wird Rechtsklarheit für Unternehmer und Selbstständige geschaffen.
Um Mehrarbeit und Unklarheiten zu vermeiden, sollte bereits bei der Rechnungsstellung auf die Einhaltung der Vorgaben geachtet werden. Rechnungen müssen elektronisch aufbewahrt werden, unveränderbar sein, lesbar sein, zeitnah gesichert werden, indexiert werden, reproduzierbar sein und dokumentiert werden.
Letztendlich ist also darauf zu achten, dass jede ausgestellte Rechnung in angemessener Form archiviert wird, ohne dass sie nachträglich derart verändert werden kann, dass die Vornahme der Veränderung unsichtbar ist. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass die Finanzverwaltung bei Bedarf auf die archivierten Rechnungen zugreifen kann. Papierrechnungen müssen zu diesem Zwecke derart digitalisiert werden, dass die eingescannte Version exakt mit dem Original übereinstimmt. Auf technischem Wege muss dafür gesorgt werden, dass klar ist, wann eine Rechnung ausgestellt und übermittelt wurde.
Wir empfehlen hier direkt ein Onlinetool zur Rechnungserstellung zu nutzen, damit die Anforderungen der GoBD so einfach wie möglich erfüllt werden können. Ein sehr guter Dienst ist: Easybill.
Viele Unternehmer sind Pflichtmitglieder in Berufsgenossenschaften. Dies führt zu zahlreichen Zusatzpflichten, die beachtet und eingehalten werden müssen. Die Berufsgenossenschaften sind Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und versichern die Beschäftigten des Unternehmens im Falle eines Arbeits- oder Wegeunfalls. Jeder Unternehmer, der Angestellte beschäftigt, ist verpflichtet, sich innerhalb von einer Woche nach der Eröffnung des Betriebes bei einer Berufsgenossenschaft anzumelden. Er ist dann verpflichtet, einen jährlichen Beitrag zu leisten. Dieser Betrag ergibt sich aus der Klassifizierung des Betriebs hinsichtlich der Gefahren, die für die Beschäftigten ausgehen.
Werden keine Mitarbeiter beschäftigt, kann eine Befreiung von der Mitgliedschaft in einer Berufsgenossenschaft beantragt werden. - Diese kann jedoch nicht rückwirkend erfolgen, sondern nur für die Zukunft. Daher sollten Sie die Befreiung so früh wie möglich beantragen.
Unternehmer sind gesetzlich verpflichtet, Mitglied einer IHK oder HWK zu werden. Befreiungen von dieser Pflichtmitgliedschaft sind laut Rechtsprechung grundsätzlich nicht möglich. Kleinunternehmer oder anderweitig finanziell nicht sonderlich gut ausgestattete, kleine Unternehmen können jedoch eine Minderung der Pflichtbeiträge erwirken. In jedem Falle zählt es zu den gesetzlichen Pflichten der Unternehmer, die Pflichtbeiträge an IHK oder HWK zu leisten. Dies sollte pünktlich erfolgen, da ansonsten mit Zinszahlungen und weiteren Gebühren zu rechnen ist.
Das Nichtzahlen der Beiträge, die vielen Unternehmern ein Dorn im Auge sind, kann zu drastischen Konsequenzen führen. Da der Unternehmer gesetzlich verpflichtet ist, die Beiträge zu leisten, kann die IHK oder HWK eine Vollstreckung beantragen. In diesem Falle entstehen dem Unternehmer nicht nur zusätzliche Kosten sondern auch Konsequenzen in Form eines Eintrags bei der SCHUFA und ähnlichen Auskunfteien. Im weiteren Geschäftsleben kann dies durchaus zu erheblichen Hindernissen führen.
Auch das rechtzeitige Übermitteln der Einkommensteuererklärung an das Finanzamt zählt zu den Pflichten von Selbstständigen und Unternehmern. Diese Steuererklärung wird in der Regel einmal im Jahr erstellt und dient dem Finanzamt als Grundlage zur Ermittlung der gesetzlichen Einkommensteuerpflicht.
Da der Unternehmer in der Regel mit einem Steuerberater zusammenarbeitet, übernimmt dieser meist das Erstellen der Einkommensteuererklärung. Prinzipiell besteht jedoch auch die Möglichkeit, die Erklärung selbst zu erstellen. Dies ist jedoch mit einem nicht unerheblichen Arbeitsaufwand verbunden. Darüber hinaus profitiert der Selbstständige in diesem Falle nicht von der Expertise des Steuerberaters, was häufig zum Übersehen von Einsparmöglichkeiten führt. Die Einkommensteuererklärung muss in der Regel bis zum 01.05. des jeweils nachfolgenden Jahres erfolgen.
Auch für die Bezahlung der Steuern ist der Selbstständige selbst verantwortlich. Während er sich als Angestellter nicht um den Einzug von Steuern kümmern muss, trägt er diese Verantwortung als Unternehmer selbst. Steuern werden entweder jährlich, halbjährlich oder vierteljährlich eingezogen. Je nach Tätigkeitsbereich, Unternehmensform und Höhe der Einkünfte müssen unterschiedliche Steuern bezahlt und somit unterschiedliche Fristen beachtet werden.
Es ist in jedem Falle ratsam, einen Steuerberater mit der Bearbeitung sämtlicher Steuerangelegenheiten zu beauftragen. Ein Laie, der sich in diesem Bereich wenig auskennt, läuft Gefahr, Fristen zu verpassen, Anträge nicht abzugeben und Steuerpflichten zu übersehen. Dies ist mit teilweise drastischen Konsequenzen verbunden.
Geht ein Steuerbescheid ein, sollten die Steuern unverzüglich gezahlt werden. Andernfalls kommen Bußgelder, Zinszahlungen und Verwaltungsgebühren hinzu.
Die Kooperation mit Behörden zählt im engeren Sinne nicht zu den Pflichten des Unternehmers. Grundsätzlich steht es jedem Menschen frei, ob er im Falle von Anfragen mit Behörden kooperiert. Im Falle des Unternehmers ist es jedoch sehr ratsam, sich kooperativ zu zeigen und Anfragen schnellstmöglich zu beantworten. Andernfalls fällt der Unternehmer bei den Behörden negativ auf, was mit Prüfungen, scheinbarer Schikane und anderweitigen Unannehmlichkeiten verbunden sein kann. Setzen Behörden Fristen, sind diese unbedingt einzuhalten, um Bußgelder u. ä. zu vermeiden.
Selbstständige und Unternehmer müssen also trotz der neuen Freiheit mit zahlreichen Regelungen und Pflichten zurechtkommen. Sie sind weiterhin nicht von lästigen Pflichtaufgaben befreit. Diese kommen nun jedoch nicht mehr vom Arbeitgeber, sondern meist von Seiten des Staates. In den meisten Fällen ist es sinnvoll, Sachkundige als Helfer zu beauftragen. Die Beauftragung eines Steuerberaters führt beispielsweise zu einer erheblichen Einsparung an Arbeit und Zeitaufwand. Zudem mindert sie stark die Gefahr von folgenschweren Fehlern, die auch ungewollt zur Steuerhinterziehung führen können.
Insgesamt sind die Pflichten des Selbstständigen recht umfangreich. Gründliche Recherchen, das Notieren und Einhalten von Terminen und Fristen sowie das Nachfragen im Zweifelsfalle sind daher in jedem Falle sinnvoll.