Ihr richtiger Umgang mit Geschäftspartnern aus Indien

Ihr richtiger Umgang mit Geschäftspartnern aus IndienIndien ist neben China der Wachstumsmotor auf dem asiatischen Kontinent. Für deutsche Unternehmen sind Geschäftsbeziehungen mit der indischen Wirtschaft von großem Interesse. Insbesondere die Textil- und Computerindustrie sind auf dem indischen Markt vorherrschend. Viele deutsche Unternehmen lassen in Indien produzieren und/oder unterhalten dort Tochterunternehmen. Geschäftskontakte erscheinen auf den ersten Blick unkompliziert, denn von allen asiatischen Ländern hat Indien die stärkste westliche Prägung und Ausrichtung. Viele gut gebildete Inder haben im Ausland studiert, die Geschäfts- und Amtssprache ist neben der Landessprache Hindi Englisch. Dennoch müssen Sie sich bewusst sein, dass trotz westlicher Ausrichtung tiefer liegende kulturelle, gesellschaftliche und politische Unterschiede existieren, die Ihr Engagement schwierig gestalten können.

Die persönliche Ebene

In Indien herrscht eine stark religiöse Kultur vor, die den Indern sehr wichtig ist. Nicht nur ihr Privatleben, sondern auch ihr berufliches Engagement wird von ihrer religiösen Ausrichtung geprägt. So kann es durchaus sein, dass ein Geschäftstermin aufgrund einer unerwarteten religiösen Veranstaltung oder eines Gebetes kurzfristig verschoben wird. Der Abschluss eines Vertrages an einem festgelegten Tag kommt vielleicht nicht zustande, weil ein Astrologe oder eine religiöse Autoritätsperson vorhersagt, dass ein Abschluss an genau diesem Tag ungünstig ist. Planen Sie viel Zeit ein für ihre Geschäftskontakte, denn die indische Kultur ist im Gegensatz zu der deutschen sehr beziehungsorientiert. Ein potentieller indischer Geschäftspartner möchte Sie zuerst persönlich kennenlernen, bevor er sich dazu entschließt, Geschäfte mit Ihnen zu machen. Gerne werden Termine mit ausländischen Geschäftspartnern auf die späten Vormittagsstunden gelegt, um nach dem Small-Talk ein gemeinsames Mittagessen einzunehmen. Dieses ist kein Businesslunch, sondern ein Zusammensein, bei dem ausschließlich über Privates gesprochen wird. Ihr indischer Geschäftspartner will Sie kennenlernen, um Vertrauen aufzubauen. In Indien sind die Familien meistens groß und kinderreich. Ihre Ausgangsposition ist ideal, wenn Sie verheiratet sind und Kinder haben. Inder lieben Gespräche über Familie und Kinder, da diese den größten Stellenwert bei ihnen einnehmen. Besonders vorteilhaft gestalten Sie das Gespräch, wenn Sie Fotos Ihrer Familie mitbringen. Sind Sie unverheiratet und haben keine Kinder, weichen Sie auf andere Familienmitglieder aus. Viele indische Geschäftsleute sind zwar durchaus über unsere westliche Lebensart informiert, ein Leben ohne Familie und Kinder ist ihnen jedoch suspekt.

Allgemeines

Ihre Geschäftspartner begrüßen Sie mit Handschlag und einer neutralen Grußformel wie „good morning“. Sie reden Ihre Geschäftspartner mit Nachnamen an, die Nennung des Vornamens ist in Indien selbst unter Freunden oft unüblich. Eine indische Frau begrüßen Sie nur durch Handschlag, wenn sie diese Form wählt. Ansonsten wählen Sie die Namaste-Geste, mit der Sie Ihre Hände in der Spitze unter dem Kinn zusammenführen, freundlich lächeln und nicken. Inder legen Wert auf die Nennung akademischer Titel, mit denen man sie anspricht. Machen Sie sich auf Fragen nach Ihrer hierarchischen Stellung in der Firma, Ihrem Gehalt und Ihrer Ausbildung gefasst. Anhand dieser Eckdaten versucht Ihr indischer Geschäftspartner, Sie in ein soziales Umfeld einzuordnen. Sind Ihnen manche Fragen zu unangenehm, umgehen Sie diese diplomatisch und lenken das Thema wieder auf Ihren Geschäftspartner oder arbeiten Sie mit allgemeinen Angaben. Sprechen Sie mit Indern nicht über Politik, da ihr Land in mehrere Konflikte verwickelt ist. Die Frage nach der Zugehörigkeit der Kaste ist gleichfalls unangebracht. Planen Sie während Ihrer Geschäftsreise in Indien aufgrund des Zeitfaktors maximal zwei Termine an einem Tag ein. Halten Sie einen Tag dazwischen frei, um sich auf spontane private Einladungen oder kurzfristig angesetzte Meetings einzustellen. Die Kommunikation birgt das größte Konfliktpotential und entscheidet oft über Erfolg oder Misserfolg. Wo wir direkt, effizient, kritisch, pessimistisch und realistisch sind, sind die Inder euphorisch, positiv, indirekt, ineffizient, unrealistisch und überhöflich. Der größte Fehler ist, wenn Sie Ihre Geschäftspartner oder deren Mitarbeiter kritisieren, selbst wenn Sie Grund zur Kritik haben. Während Kritik und das direkte Hinweisen auf Fehler bei uns selbstverständlich sind, gilt dieses Verhalten in Indien als unhöflich. Verpacken Sie Ihre Kritik als Lob und suchen Sie nicht nach Fehlern Ihres Gegenübers, sondern nach den positiven Aspekten. Weisen Sie Ihre Gesprächspartner diplomatisch darauf hin, wie sie eine Sache optimieren können, aber sprechen Sie nicht die Fehler an.

Diplomatie

Wenn Sie in längeres Engagement in Indien planen, sollten Sie daran denken, die Nationalsprache Hindi zu lernen. Manager, die die Sprache der Einheimischen sprechen, haben nachweislich mehr Erfolg als diejenigen, die sich ausschließlich auf die englische Sprache verlassen. Auch mit Grundkenntnissen der Sprache ringen Sie den Indern Respekt ab. Tappen Sie nicht in die ablehnende Direktheitsfalle und sagen „nein“, wenn Sie um etwas gebeten werden, selbst wenn Sie das nicht leisten können. Sagen Sie stattdessen, dass es wohl schwierig werden könnte, aber dass Sie es auf jeden Fall versuchen. Lehnen Sie niemals eine Einladung ohne plausiblen Grund ab, um Ihre indischen Geschäftspartner nicht zu beleidigen. Sie müssen schon einen sehr wichtigen Grund für Ihre Ablehnung vorbringen. Eine anderweitige Verabredung ist kein Argument. Indische Geschäftsleute sind sehr euphorisch und sehen mehr die Chancen als die Wirklichkeit. So versprechen Ihnen Ihre Geschäftspartner durchaus, dass sie eine Million Hemden innerhalb einer kurzen Zeit herstellen können, obwohl die Umstände diese Zahl realistisch betrachtet nicht hergeben. Nehmen Sie solche Versprechen nicht für bare Münze, sondern fragen Sie nach, wie die Pläne realisiert werden können. So geben Sie Ihrem Gesprächspartner die Gelegenheit, sich schrittweise zurückzunehmen, ohne das Gesicht zu verlieren. Wenn Sie Getränke oder andere Annehmlichkeiten angeboten bekommen, lehnen Sie diese zunächst ab. Sie geben Ihrem Gesprächspartner die Gelegenheit, sich wiederholt um Ihr Wohlergehen zu kümmern und mehrmals nachzufragen, ob Sie nicht doch etwas zu trinken oder essen wünschen. Das Annehmen bei der ersten Frage gilt als gierig und unhöflich.

Zeit

Inder haben ein anderes Zeitverständnis wie wir. Zeit ist ein dehnbarer Begriff. Inder glauben daran, dass sie mehrere Leben haben und sehen sich daher nicht gezwungen, alles in ein Leben zu pressen. Passiert heute etwas nicht, passiert es eben im nächsten Leben. So gestalten sie auch ihre Geschäftstermine, die oft eine Stunde später als vereinbart beginnen. Inder planen ihr Leben nicht durch wie wir, sondern leben von einem Tag zum anderen. Oft lässt man Sie warten. Werten Sie dies nicht als Respektlosigkeit, sondern machen Sie das Beste daraus. Nehmen Sie sich Arbeit mit, die Sie während der Wartezeit erledigen, anstatt sich aufzuregen. Die polychronen Inder folgen ihrem individuellen Zeitverständnis, während wir monchronen Deutschen alle einer vorgegebenen Zeit und eng getakteten Terminplänen hinterherhetzen. Erheben Sie das Feilschen um den besten Preis zur Kunst. Feilschen ist in Indien im Gegensatz zu Deutschland nicht negativ belastet. Inder kaufen nicht nach Preislisten und durchkalkulierten Angeboten. Ein Deal, bei dem sie das Gefühl haben, den besten Preis herausgehandelt zu haben, ist das Salz in der Suppe. Planen Sie einen Verhandlungsspielraum ein, denn Deutschland hat ein so gutes Standing bei den Indern, dass sie zuerst davon ausgehen, dass bei uns das Geld auf Bäumen wächst.

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