Die Umsatzsteuer, auch Mehrwertsteuer genannt, ist laut Gesetzgeber eine sog. Gemeinschafts- oder Verkehrsteuer, die vom Unternehmen für alle Handelsgüter- und Dienstleistungsarten zu berechnen und an die zuständige Finanzbehörde abzuführen ist. Dieser gesamte Steuerkreislauf wird auch als „Allphasen-Nettosystem mit Vorsteuerabzug“ bezeichnet. Die Berechnung erfolgt mit einem Normalsatz in Höhe von 19 Prozent an die Endverbraucher, die auch das gesamte Steueraufkommen leisten. Für die Berechnung des ermäßigten Steuersatzes von sieben Prozent gelten entsprechende Vorschriften, bestimmte Leistungen sind gemäß § 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) sogar steuerbefreit.
Soll- oder Ist-Besteuerung? Zwischen diesen beiden Umsatzsteuer-Abrechnungsarten gegenüber dem Finanzamt sollte sich auch bereits der Existenzgründer beschäftigen. Vorteil der Ist-Methode: Die Umsatzsteuerabführung würde erst nach dem Rechnungsausgleich durch den Kunden fällig werden.
Liegt die vorläufige Umsatzprognose eines Existenzgründers unterhalb der Jahresgrenze von 500.000 Euro, empfiehlt sich unter Umständen ein Wechsel zum Ist-Versteuerungsverfahren. Mit diesem Verfahren erübrigt sich im Regelfall die Vorfinanzierung der entstehenden Umsatzsteuerschuld, ein weiterer Vorteil, mit dem sich die Liquidität des Unternehmens steuern ließe. Das Verfahren wäre auch empfehlenswert bei längeren Zahlungszielen. Das Votum zur Ist-Besteuerung ist darüber hinaus gundsätzlich für freiberuflich tätige Unternehmensgründer möglich. Auch für diese Berufsgruppe gilt die erwähnte Umsatzgrenze von 500.000 Euro jährlich, Gesetzesgrundlage war das "Dritte Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 6.12.2011". Die "Ist"-Besteuerungsart wirkt sich positiv über die Einnahmen-Überschuss-Rechnung auch auf den Verwaltungsaufwand der Abrechnungen aus. Für den Vorsteuerabzug ergeben sich keine Änderungen, er ist bereits mit der Rechnungsstellung möglich. Eine Ausnahme ergibt sich lediglich bei Abschlagszahlungen. In diesen Fällen erfolgt die Vorsteuerentlastung erst mit der tatsächlichen Zahlung.
Der Antrag auf Ist-Besteuerung kann formlos in Schriftform gestellt werden, die einmal erteilte Genehmigung durch das Finanzamt ist bis auf den behördlichen Widerruf gültig. Allerdings kann sich die Behörde auch Ablehnungsgründe vorbehalten. Dies gilt für den Fall einer unzureichenden Mitwirkung des Steuerschuldners hinsichtlich der Prüfung einer zuverlässigen Zahlungsmoral oder nur zu unzureichenden Prüfungsmöglichkeiten seitens des Finanzamtes. Dadurch kann es unter anderem zur Feststellung einer sog. Umsatzsteuer-Nachschau kommen, die zumeist ohne vorherige Ankündigung seitens der Prüfer erfolgt. Dabei kann diesen der Zugang zu den Geschäftsräumen nicht verwehrt werden, auf Anforderung sind sogar sämtliche Geschäftsunterlagen zur Prüfungssichtung vorzulegen und entsprechende Auskünfte zu erteilen. Genehmigungsprobleme bei der Ist-Besteuerung dürfte es auch für den Fall geben, wenn das Unternehmen die Besteuerungsart mehrfach wechselt.
Aus gewerblicher Sicht kann ein Unternehmer nur einmal als solcher eingestuft und der Einkommenssteuerpflicht unterworfen werden. Die Finanzbehörden hingegen können eine Ist-Besteuerung auch auf verschiedene Betriebe ausdehnen und die Umsatzteuerzahlung verlangen. In solchen Fällen wäre der Unternehmer zur Umsatzberechnung aller betroffenen Unternehmensteile verpflichtet. Überschreitet der Gesamtumsatz dabei die gesetzlich vogeschriebene Grenze von 500.000 Euro, müsste der Wechsel zum obligatorischen Soll-Verfahren erfolgen. Für Umsätze aus freiberuflicher Tätigkeit sollte bei der Antragstellung der Hinweis auf die Führung mehrerer Betriebe unbedingt beachtet werden, um Nachteile bei der Umsatzberechnung zu vermeiden.
Ein wichtiger Hinweis für Jungunternehmer: Sofern noch kein Vorjahresumsatz vorliegt, verlangt die Finanzbehörde eine voraussichtliche Umsatzschätzung, die Ist-Besteuerung kann weiterhin in Anspruch genommen werden, sofern keine größeren Abweichungen zwischen Schätzung und tatsächlich erzieltem Jahresumsatz entstehen. Selbst bei einer Überschreitung der Umsatzgröße, die dem Ist-Verfahren zugrunde liegt, ist diese Abrechnungart auch im folgenden Geschäftsjahr noch anwendbar.
Lieferungen und Leistungen des Unternehmens werden als Forderungen gebucht. Die entsprechenden Summen, die bereits in der laufenden Umsatzsteuer-Voranmeldung erfasst wurden, sollten übersichtlich zusammengestellt und nach dem erfolgten Zahlungseingang gekennzeichnet werden. Erfolgt die Abrechnung über das Einnahmen-Überschuss-System, wäre die Einrichtung eines gesonderten Erlöskontos sinnvoll, auf dem die Rechnungsbeträge ohne die fällige Umsatzsteuer verbucht werden.