Die Lieferantentreue bezeichnet das Festhalten an bereits genutzte Händler als Bezugsquellen, auch wenn im Einzelfall Mitbewerber bessere Konditionen anbieten. Für Geschäftsinhaber ist die Lieferantentreue in zwei Richtungen zu betrachten: Einerseits bezieht sie sich auf ihre eigenen Einkäufe, andererseits wünschen sie eine möglichst hohe Treue ihrer Kunden. Die Treue zu einem Lieferanten kann mit einer Treue zum Hersteller beziehungsweise einer Markentreue verbunden sein. Das ist immer der Fall, wenn der Produktbezug direkt über den Hersteller erfolgt.
Gewerbetreibende kaufen einerseits Investitionsgüter und andererseits Produkte zur Weiterverarbeitung und zum Weiterverkauf ein. Die Lieferantentreue bei Beschaffungen macht sich bezahlt, wenn der Geschäftsinhaber um Sonderkonditionen wie ein verlängertes Zahlungsziel bittet. Lieferanten vergeben einen höheren oder langfristigen Lieferantenkredit bevorzugt an Geschäftspartner, mit denen sie hohe regelmäßige Umsätze erzielen. Auch hinsichtlich der Preisgestaltung und einer bevorzugten Lieferung lohnt sich die Lieferantentreue. Vielfach richtet sich eine feste Rabattstaffel nach den Umsätzen des Vorjahres, in anderen Fällen erleichtert ein hohes Umsatzvolumen die Vereinbarung eines attraktiven Rabattes vom Listenpreis. Ein weiterer Vorteil der Lieferantentreue besteht darin, dass der Geschäftsinhaber weiß, dass er sich auf rechtzeitige und vollständige Lieferungen verlassen kann.
Die Lieferantentreue der Verbraucher ist eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg von Einzelhändlern. Der Kapitaleinsatz zur Bindung von Bestandskunden ist niedriger als der Werbeaufwand zum Gewinnen neuer Kunden. Die meisten Verbraucher sind nicht einem einzelnen Händler, sondern einer Gruppe von Händlern treu. Das gilt bei Einkäufen in stationären Geschäften stärker als bei Bestellungen im Internet. Viele Verbraucher kennen jedoch den Unterschied zwischen verschiedenen Ladenlokalen einer Kette und von unterschiedlichen Inhabern geführten Ladenlokalen einer Einkaufsgenossenschaft nicht. Sie interpretieren in der Konsequenz ihr Einkaufsverhalten auch als weitgehende Lieferantentreue, wenn sie tatsächlich bei verschiedenen rechtlich selbstständigen Läden einer Handelsgemeinschaft einkaufen. Ein ähnlicher Effekt tritt auf, wenn sie bei unterschiedlichen auf einer Online-Plattform tätigen Händlern bestellen. Die Lieferantentreue der Verbraucher lässt sich durch zuverlässige Lieferungen bei Online-Bestellungen und einen zuvorkommenden Umgang mit den Ladenkunden fördern. Auch die von Kunden als fair empfundene Bearbeitung berechtigter und unberechtigter Reklamationen fördert die Lieferantentreue. Dass die Treue der Verbraucher zu ihren Lieferanten insgesamt abnimmt, hängt mit der zunehmenden Mobilität und dem verringerten verfügbaren Einkommen vieler Haushalte zusammen. Geschäftsinhaber müssen der Flexibilität ihrer Kunden entgegenwirken, wenn sie ihre Umsätze dauerhaft sichern wollen. Eine erfolgreiche, aber nicht in jeder Branche anwendbare Variante zur Steigerung der Lieferantentreue besteht in der Ausgabe von Bonuskarten. Mit den entsprechenden Stempeln ist der zehnte Haarschnitt bei einigen Friseuren ebenso wie die zehnte Pizza im Imbiss gratis. Eine Alternative zur Stempelkarte stellen Kundenkarten dar. Für die Kundschaft interessanter und hinsichtlich der Förderung der Lieferantentreue wirksamer als Sachprämien erweist sich regelmäßig ein nachträglicher Rabatt auf den Jahresumsatz, dessen Höhe vom Umfang der getätigten Einkäufe abhängt. Für den Inhaber einer derartigen Kundenkarte rentiert sich der Besuch eines Mitbewerbers nicht mehr.
Für Verbraucherschützer und Unternehmensberater schwer nachvollziehbar ist die überraschend hohe Lieferantentreue von Firmeninhabern und Privatpersonen bei der Energieversorgung. Während bei Wareneinkäufen und der Beschaffung von Investitionsgütern ein sorgfältiger Preisvergleich üblich ist und das Festhalten an wenigen Stammlieferanten immer seltener erfolgt, bleiben sowohl Geschäftsinhaber als auch Haushalte ihrem Stromversorger häufig treu. Die meisten Energielieferverträge beziehen sich weiterhin auf die Grundversorgung. Diese ist in Einzelfällen wie einer schwachen Bonität zwar nahezu unumgänglich, der größte Teil der Geschäftsinhaber und Haushalte könnte jedoch einen anderen Energieliefervertrag als die kostspielige Stromgrundversorgung abschließen. Da nahezu jeder Grundversorger auch im Pflichtversorgungsgebiet eigene Alternativen anbietet, schließen sich der Wechsel in einen anderen Vertrag des Bestandsanbieters und die Lieferantentreue zu diesem nicht zwingend aus.