Sucht man nach einem geeigneten Verfahren, das zur Unterstützung der strategischen Programmplanung eingesetzt werden kann, so stösst man auf die Portfolio-Analyse. Voraussetzung für die Portfolio-Analyse ist die Abgrenzung der Planungsobjekte, die als strategische Geschäftseinheiten bezeichnet werden. Darunter ist eine Zusammenfassung von Produkt-Marktkombinationen zu verstehen, die gemeinsam eine von anderen Produkt-Marktkombinationen klar abgrenzbare Funktion erfüllen.
In der Portfolio-Analyse geht man davon aus, dass es möglich ist, jeweils zwei Gütermerkmale z.B. Wettbewerbsvorteile und Marktattraktivität zu finden, durch welche es gelingt, die Vorteilhaftigkeit einer strategischen Geschäftseinheit zu bestimmen. Die einzelnen Einflussfaktoren der beiden Gütermerkmale müssen dabei umfassend und überschneidungsfrei bestimmbar sein. In der Regel begnügt man sich bei der Portfolio-Analyse mit der Verwendung komparativer Maßausdrücke. Bei Zuordnung der gewählten Gütermerkmale auf ein rechtwinkliges Koordinatensystem und Verwendung der Maßausdrücke hoch, mittel, niedrig entsteht eine Portfolio-Matrix mit neun Feldern.
Am Beispiel einer Marktattraktivitäts-Wettbewerbsvorteils-Matrix soll gezeigt werden, welche Hinweise für strategische Maßnahmen hergeleitet werden können. Dieser Ansatz zielt darauf ab, mögliche Chancen in den Märkten und Stärken im Wettbewerb auszudrücken bzw. zu prognostizieren. Durch die relativen Wettbewerbsvorteile soll die eigene Leistungskraft der Unternehmung im Vergleich zum stärksten Konkurrenten ausgedrückt werden. Die Marktattraktivität soll dagegen Kräfte erfassen, die aus der Umwelt und aus dem Wettbewerb auf die Unternehmung einwirken. Soweit es nach diesem Ansatz gelingt, die untersuchten strategischen Geschäftseinheiten in die entstehende Matrix einzuordnen, kann abgeleitet werden, wie vordringlich es ist, den einzelnen Geschäftseinheiten Ressourcen zuzuweisen.
Die Marktattraktivität, welche die Gewinn- und Wachstumspotentiale eines Marktes für die betrachteten strategischen Geschäftseinheiten der Unternehmung ausdrücken soll, lässt sich durch folgende vier Merkmale näher kennzeichnen:
(01) Marktwachstum und Marktgröße,
(02) Marktqualität,
(03) Versorgung mit Energie und Rohstoffen,
(04) Umweltsituation.
Die Wettbewerbsvorteile, welche die eigenen Stärken der Unternehmung ausdrücken, lassen sich ebenfalls durch vier Merkmale kennzeichnen:
(01) relative Marktposition,
(02) relatives Produktionspotential,
(03) relatives Forschungs- und Entwicklungspotential,
(04) relative Qualifikation der Führungskräfte.
Will man die Position einer strategischen Geschäftseinheit in der Portfolio-Matrix ausdrücken, sind alle genannten Merkmale zu bewerten und in jeweils einen Einzelwert für die Marktattraktivität und die relativen Wettbewerbsvorteile zu überführen. Mit Hilfe dieser zwei Koordinatenwerte lässt sich jede strategische Geschäftseinheit in der Portfolio-Matrix positionieren. Will man außerdem die Umsatzstärke einer strategischen Geschäftseinheit ausdrücken, kann man die Kreisdarstellung wählen, wobei der Kreisdurchmesser die Umsatzstärke ausdrückt. Auf diese Weise lässt sich für eine ganze Unternehmung ein Gesamtportfolio erstellen. Dieses macht deutlich, wie die strategischen Geschäftseinheiten der Unternehmung in den Märkten positioniert sind. Man nennt diese Darstellung auch Ist-Portfolio.
Mit einem Ist-Portfolio hat die Unternehmung einen Überblick über die gegenwärtige Marktlage ihrer strategischen Geschäftseinheiten. In dieser Situation stellt sich die Frage, wie die positionierten strategischen Geschäftseinheiten zu bewirtschaften sind, sodass langfristig Existenz, Wachstum und Wirtschaftlichkeit gesichert werden. Erfahrungen und empirische Untersuchungen haben dazu geführt, dass für alle Felder des Ist-Portfolios sogenannte Norm-Strategien formuliert werden können. Im Einzelfall müssen diese Norm-Strategien durch strategische Alternativen, Einzelpolitiken und Aktionsprogramme präzisiert werden. Im wesentlichen lassen sich drei Klassen von Norm-Strategien unterscheiden.
Die Positionierungen dieser strategischen Geschäftseinheiten lassen sich etwa als expandierende Marktsegmente oder als Wachstumsmärkte in einer Reifephase interpretieren. Um hier die relativen Wettbewerbsvorteile zu sichern, sind im allgemeinen Zuordnungen hoher finanzieller Ressourcen erforderlich. Diese Investitionszuweisungen sollen sicherstellen, dass die befroffenen strategischen Geschäftseinheiten bei wachsendem Markt mitwachsen können und auf diese Weise hohe Deckungsbeiträge einbringen.
Diese Geschäftseinheiten sind dadurch gekennzeichnet, dass ihre Marktattraktivität niedrig bzw. mittelmäßig ist. Auch ihre Wettbewerbsvorteile sind relativ klein beziehungsweise mittelmäßig. Meist handelt es sich bei den Produkten dieser strategischen Geschäftseinheiten um ältere Produkte, die durch neuere und ertragskräftige Produkte abgelöst werden sollten. Soweit diese Produkte doch noch tragbare Deckungsbeiträge erbringen, wird die Unternehmung versuchen, diese Deckungsbeiträge abzuschöpfen, ohne zusätzliche Kapitalallokationen vorzunehmen. Sinken die Gewinnchancen weiter, so ist an Desinvestitionen zu denken. Für alle involvierten Ressourcen ist es mittelfristig beziehungsweise langfristig vorteilhafter, sie in andere Verwendungsbereiche der Unternehmung zu bringen.
Bei Offensivstrategien müssen Anstrengungen unternommen werden, welche die relativen Wettbewerbsvorteile stärken. Im einzelnen bedeutet dies eine Stärkung der Wachstumsprodukte durch Investitionen.
Übergangsstrategien sind dagegen durch eine Abwarteposition gekennzeichnet. Je nach Entwicklung der relativen Wettbewerbsvorteile wird man bei deren Verringerung eine Konsolodierungsstrategie wählen und hinnehmen. Zeigen sich dagegen Chancen für die Erhöhung der relativen Wettbewerbsvorteile, wird man eine Expansionsstrategie wählen.
Defensivstrategien sind meistens Durchhaltestrategien. Durch gezielte Rationalisierungsmaßnahmen und eine geeignete Preispolitik kann in dieser Marktposition wirtschaftlich abgeschöpft werden. Ein spezifisches finanzielles Engagement ist dazu nicht erforderlich.
Die Portfolio-Analyse erweist sich als geeignetes Instrument, um folgende zwei Fragen zu beantworten, die in der strategischen Programmplanung Bedeutung haben:
(01) Wie ist die gegenwärtige Positionierung aller Geschäftseinheiten in den Märkten?
(02) Welche Strategien sind zu wählen, um auf lange Sicht die Wirtschaftlichkeit und das Unternehmenswachstum mit möglichst niedrigen Risiken zu sichern?