Michael Saitow von der Saitow AG im Interview

Michael Saitow CEO der SAITOW AGMichael Saitow (41), CEO der Saitow AG und ehemaliger Gründer der Tyre24 GmbH revolutionierte den Reifenhandel um die Jahrtausendwende. Schon seit Jahren ist die Plattform im Reifenhandel nicht mehr wegzudenken. Kaum eine Werkstatt kann es sich leisten im Reifengeschäft auf die Software zu verzichten. Mit Michael Saitow steht ein erfolgreicher und bodenständiger CEO im Interview Rede und Antwort und hat einige Tipps für Existenzgründer auf Lager.

 

Was waren für Sie die wichtigsten Beweggründe sich selbstständig zu machen?

Für mich war schon früh klar, dass die Selbstständigkeit der einzige und richtige Weg ist. Nur da war es möglich, meine Visionen umzusetzen. Zudem hatte ich schon relativ früh Spaß daran, Handel zu betreiben und ich war schon immer ein Herzblut-Verkäufer. Deshalb hatte ich mich bereits im Alter von 18 Jahren, selbständig gemacht, stationär mit Autoteilen, Reifen und Felgen - aber eher im Tuning-Bereich. Nachdem sich das Thema Tuning nicht mehr lohnte, orientierte ich mich um. Mit meiner neuen Geschäftsidee wollte ich meine Vision von einer flächendeckenden elektronischen Reifen- und Felgenpreisliste verwirklichen und dadurch einen ganzen Markt erobern und revolutionieren. Die Idee war, die perfekte Schnittstelle zwischen Reifengroß- und Reifeneinzelhandel zu schaffen. Ich habe um die Jahrtausendwende gemerkt, dass der Markt im Internet in diesem Segment noch ziemlich brach lag. Online-Shopping steckte noch in den Kinderschuhen, aber mir war klar, dass sich im Netz durchaus Geld verdienen lässt. Als ich Tyre24die mittlerweile europaweit tätige Plattform Tyre24 entwickelte, tauchte Google gerade in Deutschland auf. Ich wollte Prozesse, die in einer Einkaufsgesellschaft laufen - wie beispielsweise einen Preisvergleich - als Plattform gestalten und so in das digitale Zeitalter überführen und diese dem Handel für kleines Geld zur Verfügung stellen. Somit war der Ursprungsgedanke bei Tyre24 quasi ein gedanklicher Transfer der Musiktauschbörse Napster auf die Reifenbranche: eine Software, die Interessenten und Anbieter zusammenführt. Ich suchte mir Programmierer, die diese Idee softwaretechnisch umsetzten - und zwar schon in PHP, der heute bedeutendsten eCommerce-Programmiersprache, die damals in den Anfängen stand.

Heute sind Sie ein gestandener Unternehmer. Der Weg dorthin war sicherlich nicht immer einfach. Was waren die größten Fehler in der Gründerzeit?

Ich hatte durch mein “Lehrgeld” in jungen Jahren schnell erkannt, wo die Fehler damals lagen und entsprechend reagiert: Unter anderem habe ich bei der SAITOW AG frühzeitig einen Spezialisten für Finanzen mit an Bord genommen, denn mit einem vernünftigen Buchhalter wäre auch meine erste Selbstständigkeit anders verlaufen.

Würden Sie heute alles noch einmal genauso tun?

Ja, gegründet als Start-up Unternehmen ist die SAITOW AG binnen zehn Saitow AGJahren zu einem global agierenden und wirtschaftlich erfolgreichen IT-Konzern mit zurzeit 300 Mitarbeitern aufgestiegen.

Was waren die schwersten Hürden in der Gründerzeit?

Ich war mir damals schon sicher, dass meine Geschäftsidee sehr erfolgreich sein wird. Allerdings hat der Markt das damals ganz anders gesehen. Es hieß: “Kein Mensch will Deine Software.” Die schwerste Hürde war, dass ich meine Vision in einer Branche mit alten Strukturen umsetzen wollte, die für “Onlinehandel” nur ein müdes Lächeln übrig hatte. Das gesamte eCommerce-Thema war in der Reifenbranche komplett am Anfang. Viele glaubten noch, das Internet sei eine Modeerscheinung, es setze sich nicht durch. Für mich war aber immer klar, dass die digitale Bündelung von Geschäftsprozessen die Zukunft ist.

Zudem wurde mir nachgesagt, dass ich durch die Transparenz der Plattform den Markt und damit die Preise kaputtmachen würde. Am Anfang bestand meine Aufgabe in Aufklärungsarbeit. Ich wandte mich an Hersteller, Großhändler, Reifenhändler – und überzeugte einen nach dem anderen. Dafür investierte ich auch meine Feierabende und Wochenenden. Es lohnte sich aber: nach und nach konnte ich davon überzeugen, dass ich für und nicht gegen sie arbeite. Dass das Internet auch im Reifenhandel nicht wegzudenken ist.

Wie bekommen Sie Job & Familie unter einen Hut und lässt sich dies überhaupt als Gründer bzw. Unternehmer optimal verbinden?

In der Gründungsphase ist dies natürlich schwierig. Da gehört es einfach dazu, dass man auch nach Feierabend und am Wochenende arbeiten muss. In meinem Fall war das aber keine “Arbeit”. Meine Arbeit ist in diesem Fall für mich auch mein Hobby, das mir nach wie vor sehr viel Spaß bereitet.
Sicherlich gibt es heute immer noch Phasen, in denen die Familie etwas zu kurz kommt, aber ich habe das Glück, dass meine Familie dafür vollstes Verständnis hat. Nach der Gründungsphase habe ich es durch ein optimales Zeitmanagement geschafft, Job&Familie unter einen Hut zu bekommen.

War es „früher“ vor 10 – 20 Jahren einfacher ein Unternehmen zu gründen?

Die Gründung an sich ist früher wie heute natürlich relativ einfach. Was zählt ist, nicht nur eine Vision zu haben, sondern diese auch konsequent umzusetzen und sich vor etwaigen Rückschlägen nicht vom Weg abbringen zu lassen. Was heute einfacher ist, ist die Finanzierung. Ich musste bei meiner Gründung auf meine Ersparnisse zurückgreifen. Heute gibt es eine so große Investorenlandschaft, dass es insbesondere bei einer wirklich guten Geschäftsidee im Bereich E-Commerce relativ einfach ist, Geldgeber zu gewinnen, die bei der Gründung helfen. Man muss diese Idee potentiellen Investoren aber eben auch “verkaufen” können.

Die SAITOW AG ist ein sehr erfolgreiches Unternehmen und die Marke Tyre24 in der Kfz-Branche sehr bekannt. Wie haben Sie es geschafft, diese Firma derart bekannt zu machen?

Um mein Unternehmen und meine Produkte bekannt zu machen, habe ich sehr früh schon auf innovative Marketing-, Kommunikations- und Vertriebsstrategien gesetzt und die entsprechenden Experten dafür eingestellt. Zudem habe ich 2007 eine Werbeagentur übernommen, die sich als Fullservice-Inhouse-Agentur für die Umsetzung der Marketingstrategie verantwortlich zeichnet.
Wichtig ist, dass man etwas auf den Markt bringt, das einen echten Mehrwert für den Kunden bietet. Und ich habe dafür gesorgt, dass das Arbeiten einer ganzen Branche leichter geworden ist und noch dazu profitabler wurde. Der Rest ist dann fast ein Selbstläufer. Denn wenn der Nutzen und Vorteil einer Sache so klar und einfach ist wie bei der Tyre24-Plattform, kommen Kunden von selbst.
Durch Teilnahme an den wichtigsten Messen, einen flächendeckenden Außendienst und zufriedene Kunden, gelang es zusätzlich unseren Bekanntheitsgrad stetig zu erhöhen.

Welche Eigenschaften sollten einem Gründer/Unternehmer keinesfalls fehlen?

Leidenschaft und Spaß bei der Arbeit. Ein Unternehmer sollte in seinem Job richtig aufgehen können. Wichtig sind ebenso Querdenkerei und Kreativität. Und natürlich sollte ein Unternehmer auch Ausdauer haben, nicht vor Hindernissen zurückschrecken und seine Ziele hartnäckig bis zum Ende verfolgen.

Als Gründer sollte man früh lernen, dass man nicht alles selbst machen kann und soll. Niemand muss alles können. Es geht darum, bei jedem Mitarbeiter individuelle Stärken auszubauen und Schwächen zu mindern. Als Chef und Gründer siehe ich es als meine Hauptaufgabe an, Ideen zu entwickeln, ständig neue Geschäftschancen zu suchen (und zu finden), Dinge voranzutreiben und für die Motivation bei den Mitarbeitern zu sorgen. Für alle Fachgebiete beschäftige ich entsprechende Experten.

Ist Deutschland Ihrer Meinung nach ein guter Standort für Existenzgründer? Wo besteht Verbesserungspotential?

Es gibt kaum ein Land, in dem Existenzgründer so stark unterstützt werden wie in Deutschland. Das Problem ist allerdings, dass viele Gründer trotz innovativer Geschäftsideen nicht an Förder- oder Investorengelder kommen. Das liegt daran, dass sie ihr Alleinstellungsmerkmal oftmals nicht genügend herausarbeiten oder es ihnen schlichtweg nicht gelingt, ihre Idee zu verkaufen. Gründer müssten auf ihre künftige Rolle als Unternehmer daher noch besser durch Coachings vorbereitet werden.

Unternehmensgründung: Langsam und Schritt für Schritt oder schnell und kapitalintensiv?

Langsam und Schritt für Schritt. Zumindest in meinem Fall habe ich es geschafft, ein international agierendes und wirtschaftlich agierendes E-Business-Unternehmen ohne Fremdkapital aufzubauen.

Wie sehen die wichtigsten, ersten Schritte als Gründer aus?

Erstmal muss man als Gründer eine Idee/Vision haben mit einem Alleinstellungsmerkmal. Dieses Alleinstellungsmerkmal muss man deutlich herausstellen und auch verkaufen können, auch bei kritischen Nachfragen. Nur so schafft man im ersten Schritt Geldgeber und später Kunden zu überzeugen und zu gewinnen. Dann sollte man sich frühzeitig um eine professionelle Buchhaltung kümmern.

Wie fühlt es sich an, Gründer/Unternehmer zu sein?

Als Gründer und Unternehmer kann ich meine Vorliebe für Hightech wie der verstorbene Steve Jobs ausleben. Ich kann Dinge entwickeln, von denen die Leute noch gar nicht wissen, dass sie sie brauchen – die sie aber vor allem nicht mehr missen möchten, wenn sie sie einmal genutzt haben.
Als Unternehmer macht es mich glücklich, dass ich fast 300 Mitarbeitern finanziell ein gutes Auskommen bieten kann. Ein angenehmes Arbeitsklima ist mir ebenfalls wichtig. Deswegen bevorzuge ich einen partnerschaftlichen Führungsstil: Flache Hierarchien, viele persönliche Gespräche, ein lockerer Umgangston, Freiräume für die Mitarbeiter, damit diese ihre Kreativität ausleben können.

Welche Tipps geben Sie unseren Lesern / Gründern abschließend mit auf den Weg?

Es gibt zwei Möglichkeiten, Karriere zu machen. Entweder leistet man wirklich etwas, oder man behauptet, etwas zu leisten. Ich rate zur ersten Methode, denn hier ist die Konkurrenz bei weitem nicht so groß.

Der für Sie schönste Ausgleich zum Business?

Einige Wochen im Jahr gönne ich mir Abstand vom Tagesgeschäft, um in meinem Ferienhaus in entspannter Atmosphäre Visionen zu entwickeln und voran zu treiben.

Was darf in Ihrem Kühlschrank nie fehlen?

Lactosefreie Milch und Red Bull

 

Michael Saitow, vielen Dank für das ausführliche Interview und weiterhin viel Erfolg bei allen Vorhaben in der Zukunft.

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