Geschäfte mit Unternehmen aus dem EU-Ausland: Augen auf beim Reverse-Charge-Verfahren

Steuernachzahlungen

Nicht selten unterlaufen Gründern in der Anfangsphase ihres Unternehmens vermeidbare Fehler. Je nach Schwere des Fehlers können schnell hohe Steuernachzahlungen oder andere unnötige Ausgaben entstehen. Daher ist es gerade für junge Unternehmer besonders wichtig, sich über alle Teilbereiche und Aspekte der eigenen Unternehmensprozesse zu informieren oder einen Steuerexperten zu involvieren. Ein sehr häufig genommener Fallstrick liegt dabei etwa beim sogenannten Reverse-Charge-Verfahren. Doch wie genau funktioniert dieses Verfahren, für wen gilt es und welche Vorteile ergeben sich daraus?

Was ist das Reverse-Charge-Verfahren?

Wenn ein Unternehmen einem Kunden Waren oder Dienstleistungen verkauft, berechnet er im Normalfall je nach Art der Leistung 7 oder 19 % Umsatzsteuer. Bei grenzüberschreitenden Geschäften innerhalb der EU verhält es sich genau andersrum. Das Reverse-Charge-Verfahren ist im Umsatzsteuergesetz (UStG) geregelt. Hier ist festgelegt, dass in bestimmten Fällen nicht das leistende Unternehmen steuerpflichtig ist, sondern der Leistungsempfänger. Daher muss nicht der ausführende Betrieb die Steuer abführen, sondern der jeweilige Auftraggeber. In einem solchen Fall darf das leistende Unternehmen keine Umsatzsteuer ausweisen, sondern eine Reverse-Charge-Rechnung stellen.

Was sind Reverse Charge Rechnungen?

Reverse Charge Rechnungen sind Rechnungen, die man als mehrwertsteuerpflichtiges Unternehmen mit 0 % MwSt. ausstellt, da der Empfänger im EU-Ausland sitzt und dort seine MwSt. bezahlt. Damit man jedoch "berechtigt" ist, 0 % MwSt. auf seine Rechnung schreiben zu dürfen, muss diese bestimmte Vorgaben erfüllen. Vor allem Gründer stolpern immer wieder über diese Problematik, was bei einer Prüfung ggf. zu hohen Steuernachzahlungen führen kann. Unter folgendem Link erhält man eine kostenlose Vorlage für die Reverse Charge Rechnung. Diese veranschaulicht eine korrekt ausgestellte EU-Auslandsrechnung, dient aber ausschließlich als Orientierungshilfe. Keinesfalls darf diese Vorlage 1 zu 1 selber genutzt werden.

Generell soll das Verfahren Geschäfte zwischen EU-Ländern vereinfachen. Entscheidend für die Anwendung ist, dass das Geschäft zwischen zwei umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen stattfindet und nicht etwa um Privatpersonen. Weiterhin gilt das Verfahren auch für Geschäfte innerhalb Deutschlands, insbesondere in solchen Branchen, die in der Vergangenheit häufig durch Steuerbetrug aufgefallen sind. Dazu zählen:

• Alle dem Grunderwerbssteuergesetz unterliegenden Umsätze (etwa Grundstücksverkäufe)
• Gas- und Elektrizitätslieferungen
• Gebäudereinigungsleistungen
• Lieferungen von bestimmten Edelmetallen
• Lieferungen von Konsolen, Smartphones oder Tablets
• Subbauunternehmer

Theorie und Praxis

Die Regelungen des § 13b UStG sind sowohl theoretisch als auch in der Praxis sehr komplex. Dass gerade junge Unternehmer hier oft überfordert sind, ist nicht überraschend. Zahlreiche Urteile und Verwaltungsanweisungen beschäftigen sich mit diesem Thema. Es hilft nicht nur, sich mit dem Verfahren bestmöglich auszukennen, eine Beratung hinsichtlich dieses Themenkomplexes ist in jedem Fall ratsam, sofern man denn auch Kunden aus dem EU-Ausland zu den seinen zählt. Es gilt also genau auf diesen Umstand zu achten, wenn Rechnungen ausgestellt werden. Der nun für den 31. Januar 2020 geplante Brexit dürfte die Problematik des Reverse-Charge-Verfahrens noch einmal verschärfen. Grenzüberschreitende Umsatzsteuerfälle könnten somit zur beinahe unlösbaren Aufgabe für die Rechnungen werden. Mit dem Austritt aus der EU könnten Lieferungen die derzeit noch als innergemeinschaftlich gelten plötzlich zu einer Ausfuhrlieferung werden. Diese und andere Problematiken haben die Austrittsverhandlungen komplizierter gemacht als im Vorhinein gedacht.

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