Schriftformerfordernis bei langfristigen Mietverträgen

Mietverträge bei Gewerbeimmobilien

Oftmals ist es so, dass Gewerberaummietverträge über einen längeren Zeitraum als ein Jahr geschlossen werden. Es werden dann feste Vertragslaufzeiten und ggf. Optionsrechte verein-bart. Solche Verträge müssen schriftlich geschlossen werden. Denn § 550 BGB regelt in-soweit, dass für den Fall, dass ein Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen wird, dieser Mietvertrag für unbestimmte Zeit gilt. Dies wiederum bedeutet, dass ein entsprechender Mietvertrag dann mit den gesetzlich vorgeschriebenen Fristen kündbar ist. Bei Gewerberaummiete bedeutet dies in der Regel, dass die ordentliche Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahrs zulässig ist (vgl. § 580a Abs. 2 BGB).

In der Praxis ist es so, dass aufgrund von faktischen oder absprachebedingten Veränderungen während der Vertragslaufzeit oftmals Nachträge zum Mietvertrag geschlossen werden. Diese Nachträge müssen dann ebenfalls das Schriftformerfordernis wahren. Was aber beinhaltet dieses Schriftformerfordernis alles?

Das Schriftformerfordernis bei Mitverträgen

Das Schriftformerfordernis sieht gem. § 126 Abs. 2 S. 1 BGB vor, dass bei einem Vertrag die Unterzeichnung der Vertragsparteien auf derselben Urkunde erfolgen muss. Zur Erfüllung der Schriftform ist zudem zu beachten, dass die unterzeichnete Urkunde selbst alle wesentlichen, der Schriftform unterliegenden Vereinbarungen einschließlich der Nebenabreden enthalten muss. Wie die Einheitlichkeit der Urkunde bei mehrteiligen Mietvertragsurkunden zu erfüllen ist, regelt das Gesetz grundsätzlich nicht. Nach der Rechtsprechung ist insoweit aber zu beachten, dass die Zusammengehörigkeit der einzelnen Bestandteile des Mietvertrags entweder durch körperliche Verbindung wie Verklammern, Ösen, Verschnüren etc. oder sonst in geeigneter Weise, z. B. durch fortlaufende Paginierung, Bezugnahme etc. zweifelsfrei erkennbar gemacht werden muss. Kommt es nun zu nachträglichen Änderungen oder Ergänzungen eines Mietvertrags, insbesondere in Nachträgen, ist die Schriftform des § 550 BGB grundsätzlich genauso einzuhalten wie beim ursprünglichen Vertragsabschluss. Dementsprechend sind Nachträge, sofern diese für die Vertragsparteien wesentliche Punkte betreffen, im Regelfall schriftlich im Sinne des § 126 BGB niederzulegen und von beiden Seiten zu unterschreiben. Zudem muss die Nachtragsurkunde auf den Ursprungsmietvertrag Bezug nehmen und klar ausdrücken, dass es im Übrigen bei dem verbleiben soll, was formwirksam vereinbart worden ist. Verstößt nun ein solcher Nachtrag gegen die Schriftform, so schlägt dies quasi auf den Ursprungsmietvertrag durch und der gesamte Vertrag gilt als auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann daher grundsätzlich ordentlich gekündigt werden.

Der Bundesgerichtshof zum Schirftformerfordernisses

In der Vergangenheit hat der Bundesgerichtshof die Anforderungen im Hinblick auf die Wahrung des Schriftformerfordernisses sehr streng bewertet. In jüngerer Zeit erfolgt aller-dings eine Aufweichung dieser strengen Anforderungen. So hat der BGH zuletzt mit Urteil vom 17.06.2015 (Az: XII ZR 98/13) die Anforderungen an die Schriftform gem. § 550 BGB insoweit gesenkt, als die Inbezugnahme eines mündlich geschlossenen Mietvertrags durch spätere schriftliche Bestätigung ausreichen soll. In diesem Kontext hat nun auch das OLG Braunschweig zu dem Aktenzeichen 8 U 62/14 (Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss des BGH vom 10.06.2015 zum Aktenzeichen XII ZR 131/14 zurückgewiesen) entschieden, dass sogar eine fehlerhafte Nummerierung der Nachträge nicht zu einem Verstoß gegen die Schriftform führe. Abzustellen sei nämlich auf den Schutzzweck der Vorschrift des § 550 BGB. Dieser liege insbesondere darin, dass es einem potentiellen Erwerber möglich wird, im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses den Mietgegenstand zu identifizieren und seinen Umfang festzustellen. Nur wegen einer fehler-haften Nummerierung der Nachträge sei dieser Schutzzweck nicht gefährdet.

Im Ergebnis ist daher festzuhalten:

Liegt ein Verstoß gegen die Schriftform bei gewerblichen, langfristigen Mietverträgen und den entsprechenden Nachträgen vor, so kann dies zu einer vorzeitigen Kündbarkeit des Miet-verhältnisses führen, was erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen haben kann. Daher ist nach wie vor gut zu prüfen, dass das Schriftformerfordernis gewahrt ist. Dies gilt auch, wenn sich derzeit eine Aufweichung der strengen Anforderungen abzeichnet.

Dr. Vanessa Palm

Dr. Vanessa Palm

Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwältin Dr. Vanessa Palm von der Kanzlei Busse & Miessen aus Bonn.

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