Wenn Sie als deutscher Teamleiter Ihr internationales Team zum Erfolg führen wollen, müssen Sie einige Punkte beachten. Das oberste Gebot ist, sich von Ihrer typisch deutschen Erwartungshaltung zu verabschieden und auf die Kulturen der anderen Teammitglieder einzugehen, denn nur so meistern Sie diese Herausforderung.
In den Ländern des Nahen und Fernen Ostens legen Ihre internationalen Teammitglieder mehr Wert auf ein persönliches Kennenlernen. Für diese Mitarbeiter ist das Fassen von Vertrauen das wichtigste, denn ohne Vertrauen und persönliche Sympathie ist für sie eine effektive Zusammenarbeit nicht möglich. Verzichten Sie also darauf, Teammitglieder aus diesen Kulturen nach westlichem Vorbild nach dem Motto „time is money“ zu pushen, um sie zu guten Arbeitsergebnissen zu bringen. Mit diesem Vorgehen erreichen Sie genau das Gegenteil. Nehmen Sie sich die Zeit, diese Teammitglieder kennenzulernen und ermöglichen Sie ihnen einen Umgang auf persönlicher Ebene. Arbeiten Sie dagegen mit amerikanischen oder englischen Teams zusammen, können Sie diese persönliche Ebene auslassen, da Amerikaner tatsächlich nach dem Motto „Zeit ist Geld“ leben und alles andere als Zeitverschwendung werten. Engländer legen aufgrund ihrer eher zurückhaltenden, aristokratischen Grundhaltung keinen Wert auf persönlichen Kontakt, aber dennoch auf gute Gespräche, die gerne eine Prise subtilen Humor beinhalten dürfen.
Nutzen Sie Kick-off-Meetings oder Team-Building-Events, um die einzelnen Teammitglieder besser kennenzulernen. Streuen Sie Small-Talk zur Entspannung ein und erzählen Sie etwas Persönliches über sich. Dies wird insbesondere bei den Kollegen aus dem Nahen und Fernen Osten gerne gesehen, die es lieben, über die Familie zu reden und die persönliche Beziehungen auch auf Geschäftsebene schätzen. Erarbeiten Sie gemeinsame Regeln und Zeitpläne, bleiben Sie dabei jedoch so flexibel wie möglich und passen Sie sich an internationale Gegebenheiten an. Beachten Sie, dass die Menschen im Nahen und Fernen Osten einem polychronen Zeitverständnis folgen, das heißt, für sie ist Zeit nicht unbedingt Geld. Sie sind durchaus flexibel, was die Einhaltung von Terminen und Fristen angeht und stopfen ihre Arbeitstage nicht mit Terminen voll wie wir. Das Leben und die Menschen haben immer Vorrang. Asiaten haben ein anderes Verständnis von Pünktlichkeit und lassen Sie gerne auch mal eine Stunde warten, nicht aus Böswilligkeit, sondern weil sie es nicht anders kennen. Dennoch kennen sie den Grundsatz der „German Pünktlichkeit“ und erwarten von Ihnen, dass Sie pünktlich zum vereinbarten Termin erscheinen.
Erklären Sie den internationalen Teammitgliedern, warum die Aufstellung und Einhaltung von Regeln wichtig sind und veranschaulichen Sie Betriebsabläufe und Betriebsprozesse. Bleiben Sie jedoch so flexibel, dass regelmäßig ein „kultureller Verhandlungsspielraum“ übrig bleibt, damit das Projekt nicht gleich in Verzug gerät, sollten einzelne Teammitglieder von diesen innerbetrieblichen Prozessen und Abläufen abweichen. Versehen Sie Ihre Zeitabläufe mit großen Puffern, um flexibel zu bleiben, da nicht alle Kulturen Termine so verbindlich einhalten wie wir. Erklären Sie, warum die Fristeinhaltung für das Projekt wichtig ist und welche Konsequenzen bei Nichteinhaltung anstehen. Machen Sie Ihren Projektkollegen deutlich, dass der Erfolg mit der Einhaltung von Terminen und Regeln steht und fällt. Treten Sie nicht ausschließlich in Ihrer Rolle als Teamleiter auf und beziehen Sie Ihre Projektkollegen mit ein. Fragen Sie nach, ob Terminabsprachen und Regeln realistisch sind und holen Sie die Zustimmung aller Teammitglieder ein. Legen Sie Termine und Fristen vorzugsweise so, dass Sie immer ein bis zwei Tage Karenz haben. Positionieren Sie sich von Anfang an in Ihrer Führungsrolle und steuern Sie die Erwartungshaltung Ihrer Teammitglieder.
In einigen Ländern sind Unterbrechungen während der Meetings durchaus üblich. Nicht in allen Ländern gelten Gesprächsunterbrechungen durch Ablenkungen jeder Art wie bei uns als unhöflich. Amerikaner erledigen angesichts ihres immer vollen Terminkalenders gerne mehrere Aufgaben auf einmal und unterbrechen Gespräche, sobald neue Nachrichten auf dem Handy, Tablet oder dem PC eingehen. Asiaten und Osteuropäer unterbrechen ein Gespräch, weil sie gerade in dem Moment etwas ganz dringendes erledigen müssen, das wichtiger ist als das internationale Projektteam. Informieren Sie Ihre Teamkollegen, zu welchen Zeiten Sie erreichbar sind und legen Sie verbindliche Termine für virtuelle Meetings fest. Weisen Sie darauf hin, dass es schwierig ist, der Konversation im Fall von Unterbrechungen zu folgen. Betonen Sie, wann Ihre Teammitglieder Reaktionen von Ihnen erwarten können und inwieweit Sie offen sind für Unterbrechungen. Machen Sie Ihren Kollegen klar, wenn Sie eine Reaktion auf ihre Nachfragen und Nachrichten erwarten.
Bauen Sie mit Diplomatie Vertrauen auf und vermeiden Sie in den asiatischen Ländern eine direkte Kommunikation, die sofort auf das Wesentliche kommt. Treten Sie nicht als Chef, sondern als freundlicher Bittsteller auf. Verpacken Sie Anweisungen, Regeln und Vorschriften als freundliche Bitte und vermeiden Sie Kritik, selbst dann, wenn sie angebracht ist. Weisen Sie diplomatisch auf Fehler hin, ohne die betreffende Person zu kritisieren, damit sie nicht ihr Gesicht verliert. Loben Sie Ihre Mitarbeiter und vergessen Sie nicht, sich bei erfolgreicher Erledigung von Aufgaben zu bedanken, auch wenn das bei uns nicht üblich ist, da wir das als selbstverständlich ansehen. Amerikaner und Engländer schätzen starke Persönlichkeiten, die sich durch Rückgrat, Stärke, Humor und Durchsetzungskraft auszeichnen. Achten Sie in dieser Hinsicht auf ein selbstbewusstes Auftreten.
Ein interkulturelles Teamtraining vor Projektbeginn sinnvoll, um sich mit den einzelnen Kulturen vertraut zu machen und interkulturelle Missverständnisse zu vermeiden. Ziehen Sie eventuell einen Coach für die Moderation von internationalen Meetings hinzu, um Ihre Kompetenzen zu verbessern.
