Deutschland als Standort für Existenzgründer – Chancen, Risiken und Entwicklungen

Wirtschaftsstandort Deutschland

Kleinunternehmen sind für die deutsche Wirtschaft von großer Wichtigkeit, ebenso wie mittelständische Betriebe. Doch trotzdem ist die Existenzgründung noch immer mit großen Risiken verbunden, die so manchen potenziellen Selbständigen zurückschrecken lassen. Dabei bietet Deutschland im Grunde ideale Bedingungen, denn die Wirtschaft ist stabil und die Kaufkraft liegt auf einem gesunden Niveau. Weiterhin bietet der Standort folgende Vor- und Nachteile, die für die Existenzgründung relevant sind:

Standort Deutschland Vorteile Nachteile

Standort Deutschland Vorteile Nachteile

Bruttoinlandsprodukt als Kennziffer

Schon seit einigen Jahren hat sich die deutsche Wirtschaft wieder gefangen und steht auch im Jahr 2015 mit einem positiven Wachstumskurs da. Laut Statistischem Bundesamt liegt das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal 2015 um rund 0,4% höher als noch im ersten Quartal. Es stellt einen der wohl wichtigsten Indikatoren beim Abschätzen der aktuellen Wirtschaftslage eines Landes dar und spiegelt den Gesamtwert aller in einer bestimmten Zeitspanne umgesetzten Waren- und Dienstleistungen in Euro wider. Hier ist die derzeitige wirtschaftliche Lage und Entwicklung Deutschlands als sehr positiv für mögliche Existenzgründungen zu bewerten. Viele Unternehmen können daher optimistisch in die Zukunft blicken und fühlen sich sicher im Umfeld der stabilen und kontinuierlich wachsenden Volkswirtschaft.

Aber nicht nur Deutschland selbst, auch die einzelnen Bundesländer sind eine wichtige Konstante, wenn es um die Frage der Existenzgründung geht. Generell sehr kaufstark sind beispielsweise Bayern, Hamburg, Hessen und Baden-Württemberg, gerade in ostdeutschen Bundesländern wie etwa Sachsen-Anhalt, Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern ist die Kaufkraft hingegen sehr viel geringer. Dies wirkt sich nicht nur auf die Standort-Wahl der Gründer aus, sondern ebenso auf das Interesse von Investoren. Auch dort liegt Bayern ganz klar vorne und dominiert das Deutschlandbild im Ausland – kein Wunder, dass Deutschland daher noch immer stark mit Bier, Bratwurst, Blasmusik und Lederhosen identifiziert wird. Doch wenngleich Bayern das beste Image hat, so zeigt sich bei den umgesetzten Ansiedlungen doch, dass diese sehr viel häufiger in der deutschen Hauptstadt realisiert werden. Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft EY (früher Ernst&Young) gab es in Berlin im vergangenen Jahr 80 Ansiedlungen, das sind immerhin stolze 220 Prozent mehr als noch 2013, als die Zahl noch bei gerade einmal 25 lag. Geht es hingegen um die meisten neuen geschaffenen Jobs, so liegt NRW weit vorn. Durch die im vergangenen Jahr bundesweit 765 Ansiedlungen sind insgesamt 11.327 Arbeitsplätze entstanden, wobei NRW mit allein 2600 neuen Arbeitsplätzen weit vorn liegt.

Im europaweiten Vergleich steht Deutschland somit durchaus gut da, sodass es allein vier deutsche Städte in die europäischen Top 20 schaffen – Deutschland ist damit so gut vertreten wie kein anderes europäisches Land.

„Hier zeigt sich die wichtige Rolle, die Deutschland derzeit in Europa einnimmt. Deutschland kann in der Fläche gleich mehrere attraktive Standorte vorweisen. Das ist der Vorteil gegenüber zentral geführten Ländern wie England oder Frankreich, wo sich die Auslandsinvestitionen vor allem auf die jeweiligen Hauptstädte konzentrieren." Peter Englisch, Partner bei EY und Autor der Studie (weitere Informationen hier)

Existenzgründungen in Deutschland

Aber nicht nur ausländischen Konzernen und Unternehmen wird eine Perspektive in Deutschland geboten, auch heimische Gründer gibt es immer häufiger. So gab es 2010 beispielsweise ganze 418.000 Vollerwerbsgründungen, 540.000 Nebenerwerbsgründungen, 384.000 Unternehmensliquidationen und 32.000 Unternehmensinsolvenzen.

Standort Deutschland Gründungsgeschehen

Standort Deutschland Gründungsgeschehen

 

Dabei lassen sich die Neugründungen in verschiedene Typen unterteilen:

  1. Traditionelle Gründungen

Unter diese Sparte fallen Gründungen der Freien Berufe oder des Handwerks. Eine begrenzte Wachstumsabsicht, ein überschaubares Risiko bei geringer Innovation und eine durchschnittliche Beschäftigungsanzahl von 10 Personen machen diesen Gründungstyp aus.

  1. Kleinstgründungen

Bei Kleinstgründungen besteht nur ein geringes Wachstumspotenzial, zudem gibt es keine nennenswerten Innovationen. Bei einem großen Teil der Gründungen entstehen außerdem auch keine zusätzlichen Arbeitsplätze, zudem scheinen viele von ihnen aus einer bestehenden Arbeitslosigkeit hervorzugehen.

  1. Innovative, wachstumsstarke und technologieorientierte Gründungen

Dieser Gründungstyp bietet das meiste Potenzial, denn er hat einerseits den Willen und die Bereitschaft zu wachen, muss andererseits aber auch ein hohes Risiko wegen seiner Innovationen tragen. Für diese Unternehmen besteht ein hohes Beschäftigungspotenzial, außerdem haben sie gute Aussichten auf den globalen Märkten.

Die einzelnen Gründungsarten der Gegenwart sehen wie folgt aus:

Standort Deutschland Gründungsformen

Standort Deutschland Gründungsformen

Unterstützung in Form von Krediten und Förderprogrammen

Ein wichtiger Faktor für viele frischgebackene Gründer ist die finanzielle Unterstützung, denn bevor es an die Führung des eigenen Unternehmens geht, muss in der Regel zunächst investiert werden. In Deutschland können zu diesem Zweck sehr vielseitige Förderprogramme und finanzielle Polster genutzt werden, damit die Gründung nicht schon bei den Anfangsinvestitionen scheitert. Unter anderem fallen darunter:

  • KfW Startgelt

Das KfW Startgeld richtet sich an Gründer, kleine Unternehmen und Freiberufler und unterstützt diese durch Finanzierungen von Investitionen und Betriebsmitteln zu günstigen Konditionen. Ein Höchstbetrag von 100.000 Euro kann dabei bewilligt werden. Unterstützt werden auf diese Weise Existenzgründer bei der Errichtung oder Übernahme eines Unternehmens, bei dem Erwerb einer tätigen Beteiligung, bei Nebenerwerben und bei Festigungsmaßnahmen. Für die Förderung kommen natürliche Personen, kleine Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und Angehörige der Freien Berufe in Frage. Auch Grundstücke, Gebäude, Baunebenkosten, der Erwerb von Maschinen und Anlagen oder Betriebsmittel werden dabei berücksichtigt.

  • Beratungsprogramm der Wirtschaft

Bei diesem Programm handelt es sich um eine fachmännische Beratungsdienstleistung, bei der ein Existenzgründungsberater den Gründer bei der Planung, Entwicklung und Prüfung seines Modells unterstützt. Genutzt werden kann das Beratungsprogramm von Existenzgründern, die sich in einem Freien Beruf selbständig machen oder ein freiberufliches Unternehmen übernehmen möchten. Die Kernpunkte des Programms umfassen eine strukturierte Umsetzung der eigenen Geschäftsidee, eine Analyse des IST-Zustands, die Planung der Markteinführung, die Schulung wichtiger Qualifikationen und die Finanzplanung.

Business Coaching

Coachings lehren nicht nur Knowhow, sondern eröffnen auch neue Blickwinkel.

  • KfW Gründercoaching

Durch das Gründercoaching werden die wichtigsten Fragen in organisatorischer, finanzieller und betriebswirtschaftlicher Hinsicht beantwortet. Finanziert wird das KfW Gründercoaching durch Mittel des Europäischen Sozialfonds. Der Zuschuss kann bis zu 90% auf das Beraterhonorar betragen, ermöglicht eine Aufbesserung der Erfolgsaussichten der Gründung und bietet eine fachkundige Unterstützung durch Berater der KfW Beraterbörse. Das Coaching kann bis zu 5 Jahre nach der Gründung andauern.

  • Alternative: klassischer Kredit

Wird keine Förderung bewilligt oder sind die Voraussetzungen dafür nicht gegeben, so können sich Gründer stattdessen auch auf einen ganz normalen Bankkredit verlassen, um erste Investitionen zu tätigen oder die ersten – meist schwierigen – Monate zu überstehen. Hierfür wird eine gewisse Bonität erwartet, die laut Verivox unter anderem durch das monatliche Einkommen, die aktuellen Schulden oder die beruflichen Qualifikationen ermittelt wird. Anders als bei einer Förderung sollten die Zinsen hier jedoch keinesfalls vergessen werden und müssen auf die vermutlich ohnehin schon große Ausgabenseite addiert werden. Die Nutzung eines Kredits sollte aus diesem Grund wohlüberlegt erfolgen, denn läuft das künftige Unternehmen schlecht oder muss sogar irgendwann Insolvenz anmelden, so entstehen durch die zusätzlichen Raten des Kredits schnell große finanzielle Probleme.

Das Scheitern der Existenzgründung – häufige Ursachen und Gründe

Wenngleich die Möglichkeiten einer Existenzgründung in Deutschland insgesamt sehr vielfältig sind, so sollten sich künftige Gründer aber trotz allem darüber im Klaren sein, dass viele Ideen und Geschäftsmodelle sich nicht langfristig am Markt halten können. Die Gründe dafür können unterschiedlichster Natur sein, wurden durch eine Studie der DTO Research jedoch auf folgende eingegrenzt:

  • Finanzierungsmängel
  • Informationsdefizite
  • Qualifikationsmängel
  • Planungsmängel
  • Familienprobleme
  • Äußere Einflüsse
  • Betriebsleitung
gescheiterte Gründung

Oft liegt es an der Finanzplanung, dass die Existenzgründung nicht erfolgreich verläuft.

Die Gründe für ein Scheitern der Existenzgründung sind sich oftmals ähnlich. Am häufigsten liegen die Probleme in der Finanzierung, die im Laufe der Gründung nicht mehr gestemmt werden kann, aber auch betriebswirtschaftliche Unzulänglichkeiten bereiten über kurz oder lang Probleme.

Ausblick

Die Risiken einer Selbständigkeit bleiben auch trotz guter Ausgangsvoraussetzungen bestehen. Hier sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass so manches Mal ein sicherer Arbeitsplatz aufgegeben wird, um mit den eigenen finanziellen Rücklagen den Traum von der Selbständigkeit zu leben. Das finanzielle Risiko geht allerdings darüber hinaus, denn in der Regel wird auch mit dem privaten Vermögen bzw. eingebrachten Kapital gehaftet. Hinzu kommt die private Absicherung in Form von Rente, Krankenversicherung oder Arbeitsunfähigkeit, die auch heute noch von vielen Selbständigen zu unbedarft behandelt wird – das böse Erwachen kann in so einem Fall jedoch spätestens im Ruhestand kommen. Zudem hängt das Einkommen in vielen Fällen von der Auftragslage ab, läuft es also einen Monat schlecht, so sollte besser ein kleines Polster vorhanden sein. Diese Risiken werden durch die Vorteile mitunter jedoch ausgeglichen, denn nicht nur das Einkommen kann auf diese Weise höher als im Angestelltenverhältnis ausfallen, auch der hohe Grad an persönlicher Freiheit ist für viele sehr attraktiv und steigert die Motivation. Ob Pro oder Contra letztendlich überwiegen, ist und bleibt jedoch eine Sache der persönlichen Einstellung.

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