Die Handhabung des Themas „Umsatzsteuer“ ist für viele Existenzgründer ein ebenso komplizierter wie wichtiger Bereich der Gründungsphase, vergleichbar zum Beispiel zur Wahl der Rechtsform. Einen Lösungsansatz bietet hier unter Umständen die Kleinunternehmerregelung. Diese Kleinunternehmerregelung stellt eine Erleichterung in der umsatzsteuerlichen Praxis dar, die der Gesetzgeber für Unternehmen mit geringen Umsätzen im Vergleich zur Regelbesteuerung vorgesehen hat. Die Kleinunternehmerregelung ist somit vor allem als bürokratische Vereinfachung zu sehen, wie sie Kleinunternehmern beispielsweise auch in der Buchführung oder Gewinnermittlung ermöglicht wird. Die Anwendung der Kleinunternehmerregelung hat Vor- und Nachteile und ist nicht für jeden gleichermaßen geeignet.
Keine bürokratische Vereinfachung ohne festgelegten Rahmen: Geregelt wird die Kleinunternehmerregelung durch den § 19 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Hiernach darf die Kleinunternehmerregelung nur angewendet werden, wenn im vorangegangenen Jahr ein Gesamtumsatz zuzüglich Umsatzsteuer von EUR 17.500,-- nicht überschritten wurde. Gleichzeitig darf das Unternehmen im laufenden Jahr keinen Gesamtumsatz ausweisen, der voraussichtlich EUR 50.000,-- übersteigen wird.
Für Existenzgründer, die naturgemäß noch kein Vorjahr vorzuweisen haben, ist die Grenze von EUR 17.500,-- im ersten Jahr entscheidend. Hierbei ist auf ein vollständiges Jahr hochzurechnen. Wird z.B. ein Unternehmen zum 1.7. gegründet, ist der voraussichtliche Umsatz für dieses halbe Jahr also zu verdoppeln, um zu überprüfen, ob die Umsatzgrenze überschritten wird.
Entscheidet sich ein Unternehmen für die Kleinunternehmerregelung, wird das Unternehmen umsatzsteuerlich wie ein Nichtunternehmer behandelt. Dies bedeutet, dass in der Rechnung keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden darf, keine Vorsteuer geltend gemacht werden kann und somit auch keine regelmäßige Umsatzsteuervoranmeldung abgegeben werden muss. Der Unternehmer muss aber in der ausgestellten Rechnung mit einem Satz auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung hinweisen.
Ist zu erwarten, dass ein Unternehmen, das sich für die Kleinunternehmerregelung entschieden hat, die Umsatzgrenze von EUR 50.000,-- im laufenden Jahr überschreitet, hat das für die Kleinunternehmerregelung für das laufende Jahr keine Auswirkungen. Erst zu Beginn des folgenden Jahres tritt automatisch die Umsatzsteuerpflicht ein, da das Unternehmen ansonsten alle Rechnungen neu erstellen müsste. Dies wird dem betreffenden Unternehmen erspart. Wird die Grenze später wieder unterschritten, kann das Unternehmen die Kleinunternehmerregelung wieder in Anspruch nehmen, sofern die Eckdaten des §19 UStG erfüllt sind.
Für diese Wechselmöglichkeit gilt eine Ausnahme: Hat sich beispielsweise ein Existenzgründer bei der steuerlichen Anmeldung seines neuen Gewerbes beim Finanzamt entschieden, freiwillig auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten, um die Vorteile der Umsatzsteuer in Anspruch zu nehmen, gilt eine Bindefrist von fünf Jahren, bevor die Kleinunternehmerregelung gewählt werden kann.
Neben dem gewichtigen Vorteil des geringeren bürokratischen Aufwandes für das Unternehmen spielt der Kunde eine große Rolle bei der Frage nach der Kleinunternehmerregelung. Werden die Produkte überwiegend an Privatpersonen verkauft, ist der Endpreis von Bedeutung, denn Privatpersonen vergleichen nur diesen Bruttopreis, denn für ist die Vorsteuer nicht relevant. Im Prinzip könnte nun die im Endpreis enthaltene Umsatzsteuer, die nicht abgeführt werden muss, als Preisnachlass an den Kunden weitergereicht werden. Ein Ausweis von Umsatzsteuer wird somit zu höheren Endpreisen führen. Das Unternehmen, das die Kleinunternehmerregelung nutzt, hat hierdurch einen Wettbewerbsvorteil.
Anders ist der Fall, wenn nahezu alle Umsätze mit anderen Unternehmen getätigt werden. Durch den Ausweis der Umsatzsteuer und die Erstattung der Vorsteuer bedeutet dieser „durchlaufende Posten“ der Umsatzsteuer bares Geld für das Unternehmen, das die Kleinunternehmerregelung nicht anwendet.
Es gibt noch einen Grund, von Beginn an auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten. Geht ein Existenzgründer davon aus, dass die Gründung des Unternehmens mit hohen Anlaufkosten und teuren betrieblichen Investitionen verbunden ist, sollte der Gründer in Betracht ziehen, die Kleinunternehmerregelung nicht anzuwenden. Die Rückerstattung der Vorsteuer kann in solchen Fällen einen erheblichen Betrag zugunsten des Gründers ausmachen.
In bestimmten Fällen wird von der sogenannten „Umkehr der Steuerschuldnerschaft“ gesprochen. In solchen Fällen muss nicht das leistende Unternehmen die Umsatzsteuer abführen, sondern der Leistungsempfänger. Im § 13 b UStG sind diese Fälle aufgeführt. Hierzu gehören zum Beispiel Werklieferungen und sonstige Leistungen eines Unternehmens aus dem Ausland. Tritt eine solche Situation ein, muss das Kleinunternehmen die Umsatzsteuer abführen, kann aber gleichzeitig hierfür die Vorsteuer geltend machen.
Eine Umsatzsteuerplicht tritt auch ein, wenn versehentlich eine Umsatzsteuer in der Rechnung ausgewiesen wurde. Diese gilt es dann an das Finanzamt abzuführen, sofern nicht unmittelbar eine Korrektur der Rechnung erfolgt. Dieser „unberechtigte Steuerausweis“ wird durch § 14c Abs. 2 UStG geregelt.
Die Vor- und Nachteile zeigen, dass es nicht pauschal zu beantworten ist, ob die Anwendung der Kleinunternehmerregelung sinnvoll ist. Es ist immer die individuelle Situation des Unternehmens zu prüfen. Diese Prüfung sollte aber aufgrund der Bindefrist an die Regelbesteuerung im Falle des freiwilligen Verzichts auf die Kleinunternehmerregelung sehr sorgfältig durchgeführt werden.